Bild: NDR/Georges Pauly

Schwarzer Schnee

Folge 1320

21. Dezember 2025

Sender: NDR

Regie: Hans Steinbichler

Drehbuch: Alexander Adolph, Eva Wehrum

So war der Tatort:

Niedersächsisch-niederländisch, zum Zweiten.

Schwarzer Schnee ist die direkte Fortsetzung zu Ein guter Tag und somit die zweite Hälfte der Tatort-Doppelfolge mit dem Hamburger Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), seinem neuen Kollegen Mario Schmitt (Denis Moschitto) und der niederländischen Kollegin Lynn de Baer (Gaite Jansen) – und auch in Teil 2 des grenzüberschreitenden Tatort-Doppelpacks wird in den Niederlanden und Deutschland gleichzeitig ermittelt. Das Geschehen konzentriert sich auf die Küstengegend rund um den vom Zoll vernachlässigten Dollart, doch was in Teil 1 für die nötige Übersicht sorgte, wirkt in diesem Nordsee-Thriller irgendwann absurd: Nahezu im Minutentakt wird der Schauplatz des Geschehens am unteren Bildrand eingeblendet – sage und schreibe 50 (!) mal.

Das ist vor allem dann verzichtbar, wenn der Schauplatz schon mehrere Male von der Kamera besucht wurde – etwa das telefonisch zugeschaltete Präsidium in Hannover oder das Haus, in dem der labile Karel „Käte“ Dulfer (Nico Ehrentreit) auf der Zielgeraden von Ein guter Tag tot aufgefunden wurde. Seinen Mörder gilt es in Schwarzer Schnee zu finden, doch damit nicht genug: Die Filmschaffenden um Regisseur Hans Steinbichler und das Autorenduo Alexander Adolph und Eva Wehrum erzählen natürlich auch die Geschichte – der Krimititel deutet es an – um die lukrativen Kokaingeschäfte der niederländischen Mocro-Mafia weiter, deren Oberhaupt Ahmed Saidi (Yousef Sweid) hinter Gittern sitzt. Und sie rücken drei andere Figuren in den Fokus, die in Teil 1 noch keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielten.

Da ist zum einen Saidis verwöhnter Sohn, der lange in Dubai lebte und nach der Inhaftierung seines Vaters in die Niederlande zurückgekehrt ist: Der anstrengende Karim Saidi (Yasin El Harrouk, Am Ende geht man nackt) verdient seine Kohle mit Rapmusik und unterscheidet selten zwischen der schillernden Scheinwelt seiner Bling-Bling-Videos und dem realen Hier und Jetzt. Der gewohnt charismatische Yasin El Harrouk scheint inzwischen auf exzentrische Rollen dieser Art abonniert zu sein; schon 2014 mimte er im Münchner Tatort Der Wüstensohn einen ähnlich durchgeknallten Zeitgenossen aus einem fiktiven Wüstenstaat, im Kinofilm #SchwarzeSchafe war er wenige Monate vor Schwarzer Schnee als schriller Berliner Clanchef zu sehen.

Und da ist Joe Bauning, besser gesagt: Carsten Kellmann (Andrei Viorel Tacu), der seine Tarnung als verdeckter Ermittler unter Drogenschmugglern aufgeben musste und nun in einer Mischung aus Safe House und psychiatrischer Einrichtung einquartiert wurde, nachdem er das Finale von Ein guter Tag schwerverletzt überlebt hat: Die Frage „Wer bin ich, und wenn ja: Wie viele?“ beantwortet der V-Mann eindeutig mit „Keine Ahnung, aber alle!“. Tacus schizophren anmutender Auftritt ist eindeutig das schauspielerische Highlight im 1320. Tatort; seine wilden Wortgefechte mit Falke sind oft köstlich und seine Performance als undurchschaubare, innerlich zerrissene Unbekannte zwischen allen Stühlen einfach grandios.


FALKE:
Bab! Bab! Bab!

KELLMANN:
Vielleicht würden Sie sich in der Psychiatrie auch ganz wohl fühlen.

Und da ist – last but not least – der Stadtdirektor von Emden, der in Teil 1 der Doppelfolge nur auf der Tonspur stattfand: Sönke Kraaks (Sebastian Hülk, Restschuld) kokst zwischen Briefing, Kripo-Visite und einem Baustellentermin mit einer Ministerin natürlich am eigenen Schreibtisch und unterstreicht damit erneut, dass die beliebteste deutsche Krimireihe auch 75 Jahre nach ihrer ersten Folge noch immer keinen Platz für sympathische Menschen aus der Politik findet. Kraaks ist ein Klischee auf zwei Beinen, seine Figur nimmt aber eine Schlüsselrolle für die Handlung ein – und sorgt für das letzte Ausrufezeichen eines Films, der nach dem Abspann mehrere Fragezeichen stehen lässt, obwohl er sich zwei Minuten Überlänge gönnt.

Der Weg zum offenen Ende gestaltet sich mitreißend, wenngleich die Action in Schwarzer Schnee zurückgefahren wird: Die Vernehmungen Kellmanns und die klassische Polizeiarbeit rücken in den Vordergrund, was aber nicht heißt, dass der emsige Mario Schmitt mehr Raum bekäme als in seinem ersten Tatort. Denn wenngleich Schmitt kurz vorm Abspann noch zu seinem Recht kommt, gehört die Bühne oft Falke, der sich mit Kellmann herumschlägt, und de Baer, die sich an der Außenfront aufreibt und den jungen Sami Bakker (Hamza Iallouchen) als Spitzel zu gewinnen versucht. De Baers tougher Auftritt ist ein klares Empfehlungsschreiben für weitere deutsch-niederländische Crossover-Produktionen.

Unterm Strich erreicht Teil 2 der Doppelfolge die Klasse von Teil 1 nicht mehr ganz, was neben den irgendwann beliebig wirkenden Ortswechseln (Oldenburg und Osnabrück inklusive) und den Rochaden im Figurenensemble auch daran liegt, dass der Auftritt von Ahmed Saidi ein nicht ganz eingelöstes Versprechen ist: Zwar muss das skrupellose Mafia-Oberhaupt hinter Gittern nur einmal mit den Fingern schnipsen bzw. seine Handfläche öffnen, damit draußen die nächste Leiche liegt, aber zu einer Eskalation im Knast oder zur finalen Konfrontation mit Falke & Co. kommt es in diesem Tatort (noch) nicht. Vielleicht verfolgt der NDR ja langfristige Pläne – zu einer Wiederkehr des Clanchefs ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nichts bekannt.

Bewertung: 7/10


Kommentare

Neue Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht, sondern in der Regel binnen kurzer Zeit durch die Redaktion freigeschaltet.

30 Antworten zu „Schwarzer Schnee“

  1. Der mit Abstand beste Tatort,
    Zeichnet er doch ein realistisches Bild der Bedrohungen und Komplexität der heutigen Zeit. Er gewährt einen Einblick in das Leben aller Beteiligten und deren Dilemma und der Regisseur hat die Vielschichtigkeit grob umrissen und verdient ein grosses Lob.
    Es war spannend bis zum Schluss ..Vielen Dank
    Und weiter so..

  2. Avatar von Peter van Stiphout
    Peter van Stiphout

    Hallo.
    Ich bin Peter aus den Niederlanden.
    Ich frage mich, warum Polizisten überhaupt Pistolen tragen? Sie schießen ja sowieso nicht damit.

    1. Das habe ich mich auch gefragt. In der Realität wird stattdessen auf kleine Mädchen geschossen, weil sie ein Messer haben.

  3. Avatar von Moreau Hélène
    Moreau Hélène

    Wenn es so weiter geht sollte man die Serie einstellen

  4. Der war Top!

  5. Avatar von NorbertSpieker
    NorbertSpieker

    Leider sehr schlecht geraten – wusste irgendwie gar nicht worum es geht!
    Die Untertitel sind eine Zumutung – ich vermisse Schimmi!
    Nach einer halben Stunde abgeschaltet!

  6. Avatar von Harry Hirsch
    Harry Hirsch

    Sehr spannende Tatorte, außergewöhnlich gut! Untertitel sind ok für mich, vermitteln mehr Authentizität. Bin dran gewöhnt den Tatort mit Untertiteln zu sehen, da es immer wieder Passagen gibt, die unverständlich sind, trotz Hörgerät mit Bluetoothbox am Fernseher. Wir werden alle nicht jünger!

  7. Avatar von Hans Meier

    Ohhh Mann, einmal ein etwas anstrengenderer Tatort und alle sind am Jaulen…
    lasst euch ruhig weiter berieseln…
    Das war eine Co- Produktion… die Holländer bekommen wahrscheinlich auch Untertitel zu sehen
    .. und für den österreichischen und bayrischen Tatort könnte ich als Norddeutscher auch manchmal Untertitel gebrauchen..
    andererseits hätte es nicht soviele Ortswechsel gebraucht..
    aber wenn es die Realität abbildet.. was solls..
    und wie gesagt; beruht auf einer Journalisten Recherche; sehe dort nicht
    (mal abgesehen von der Schiesserei am Lada Niva wo alle unverletzt davonkommen)
    viel Billigkrimi…

  8. Was wir Normalos hier schreiben interessiert Euch doch sowieso nicht.

    Und trotzdem lasse ich hier meinen Senf raus:

    In diesem Tatort wird viel zu schnell gesprochen. Und schaltet man die Untertitel ein kommen diese erst verzögert. Das ist bei Falke aber leider Standard. Soll wohl die Kosten senken. 😉

    TIPP: Die Wiedergabegeschwindigkeit über das Zahnradsymbol auf 0.75 setzen und die Untertitel einschalten. Dann kann man alles verstehen und die Untertitel sind auch einigermaßen synchron.

    Zum Krimi selber: eigentlich ganz gut gemacht und doch mitunter etwas zäh. Erst wenn man beide Folgen zusammen guckt versteht man das Ganze.

    Modern times halt.

    Allerdings: gute Schauspieler der alten Schule, die noch Sprachunterricht hatten, würden bei Sowas nach 5 Minuten abschalten. Oder auf´s Klo kotzen gehen.

    Noch Fragen?

  9. Nur wegen der vielen negativen Kommentare möchte ich eine Lanze für den Doppeltatort brechen. Die überflüssigen Einblendungen störten kaum. Es war m. E. einer der spannendsten und erfreulichsten Tatorte des Jahres. Absolut sind die 7 Punkte korrekt, relativ würde ich im Vergleich zum Rest des Jahres 9 Punkte ansetzen. Auf die angedeutete Fortsetzung würde ich mich freuen.

  10. Avatar von Petra Riedmann
    Petra Riedmann

    Ich fande den Tatort mega spannend. Kann die schlechten Kritiken hier überhaupt nicht nachvollziehen. Ich liebte es die niederländische Sprache zu hören!!

  11. einer der besten Tatorte seit langer Zeit, Untertitel find ich gut. Haben die bestimmt von den James Bond Filmen abgeschaut. Hoffentlich gibt es eine Fortsetzung das Ende lässt darauf hoffen.

  12. Avatar von Peter St.

    Zu unnötige viele Zeitverschiebungen machten es schwierig, die Handlung zu verfolgen. Vieles blieb auch im 2. Teil unverständlich, da ich weder Arabisch noch Holländisch verstehe.

  13. aber wer hat den Plot verstanden? ich brauche antworten?! WER hat den koksenden Stadtrat umgebracht??

  14. Avatar von Christian

    Richtig gut 👍👍

  15. Avatar von Silvia Szuminski
    Silvia Szuminski

    Für mich einer der besten Tatort der vergangenen Jahre. Super spannend! Ein witziger neuer Kollege und WWM fast in Höchstform. Weiter so!

  16. Auch der zweite Teil
    hat an Spannung nichts verloren
    Bitte weiter so

  17. Avatar von El Duderino
    El Duderino

    Super Tatort! Hervorragend gespielt, gut inszeniert. Das Lesen der Untertitel hat mich nicht im Mindesten gestört – die verschiedenen Sprachen im Original zu hören hat der Folgen definitiv mehr Authentizität verliehen.

  18. Bin eigentlich Tatort-Fan. Schlechter Ton, viele Namen, die keiner aussprechen kann. Nebengeräusche sind lauter als die eigentliche Szene. Macht keinen Spaß mehr.

    1. Avatar von NorbertSpieker
      NorbertSpieker

      Sehe ich auch so

  19. Wir haben leider nur die Hälfte verstanden, es wurde sehr undeutlich gesprochen.

  20. Wenn endlich der Ton besser werden würde…
    Dieses Genuschele, Nebengeräusche sind lauter als das Gesprochene. Nimmt sich jemand die Zeit und hört da mal rein?
    Bald kann man sich den Tatort nicht mehr antun.

  21. 180 Minuten verschwendete Lebenszeit

  22. Avatar von Klaus B aus B
    Klaus B aus B

    Es ist in mehrfacher Hinsicht eine Zumutung: unnötige Einblendungen von Ortsnamen ohne erkennbare dramaturgische Bedeutung; ein Sprachwirrwarr mit zahlreichen Untertiteln, die von dem Bildgeschehen ablenken oder vor hellerem Hintergrund schlecht lesbar sind; ein nuschelnder W.W-M., der vielleicht noch an der Betonung seiner Sätze arbeiten sollte, eine niederländische Kommissarin, die das frühere ‚Markenzeichen‘ von W.W-M. – das inflationäre ‚fuck‘ – übernommen hat und, nicht zuletzt, unnötige Längen, um die 180 Minuten zu füllen – eigentlich ein guter Plot, aber wirklich nicht gut gemacht.
    Und dass die Geschichte darüber hinaus auch noch einige Vorurteile in unserem gesellschaftlichen Diskurs trefflich bedient, mag vielleicht auf eine geteilte Resonanz bei Zuschauern mit unterschiedlichen Weltbildern treffen, ist aber sicher auch kein Pluspunkt…..

  23. Furchtbar! Das meiste im Halbdunkeln, der nervige Kollege, der ständig die Stöpsel im Ohr hat, diese ständige Schreierei, Untertitel!
    Insgesamt absolut düster und kommunikationsarm. Wer bitte schreibt ein solches Drehbuch?
    Zwangsgebühren und schlechte Leistung, keine gute Kombi.

  24. Avatar von Christine Mraczansky
    Christine Mraczansky

    Schade um den Abend,seit vielen Jahren der schlechteste Tatort
    Schade um unsere Gebühren, aber vielleicht haben unsereholländischen Freunde wenigstens ordentlich bei der Produktion mitgezaht

  25. Avatar von Christine Mraczansky
    Christine Mraczansky

    Dieser Tatort ist der schlechteste seit vielen Jahren, das Milieu wie in jedem zweiten billigkrimi, viel Geballere, Aufnahmen wirken billig gemacht, zahlt Holland bei der Produktion auch ordentlich mit? Sonst ist es dem deutschsprachigen tatortpublikum gegenüber eine Frechheit ständig Untertiteln lesen zu müssen.
    Echt schade um die Zeit

    1. Genau so sehe ich das auch. Ewig muss ich lesen…. wann kommt der nächste Tatort, in dem nur deutsch gesprochen wird?

    2. Sehr sehenswerte und spannende Doppelfolge, die dem Zuschauer endlich auch mal ein bisschen Grips und Aufmerksamkeit abverlangt. Ein paar kleinere Klischees gibt es auch, aber das hohe Tempo und die zahlreichen Figuren mit ihren verschiedenen Motivationen sorgen für einen runden, spannenden Krimiabend.
      Und das in den Niederlanden nicht hochdeutsch gesprochen wird, hat mich jetzt weniger überrascht, aber naja – da ist wohl jeder Jeck anders…

  26. Avatar von Streitenberger
    Streitenberger

    Ein deutscher Krimi (Tatort) mit ständigem Untertiteln geht auf die Nerven.
    Ich möchte ZUHÖREN können und nicht ununterbrochen MITLESEN müssen, das ist anstrengend und nervtötend.

Schreibe einen Kommentar zu Steinbi Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert