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Zwischen den Ohren

Folge: 810 | 18. September 2011 | Sender: WDR | Regie: Franziska Meletzky

Bild: WDR/Thomas Kost

So war der Tatort:

Geschlechterfixiert.

Wie ziehen sich Männer den Pulli aus, wenn es ihnen zu warm wird? Wie machen es Frauen? Was macht einen Mann zum Mann? Wo liegt seine innere Mitte? Und was genau ist eigentlich Intersexualität?

Diese und ähnliche Fragen prägen den zwanzigsten Fall von Hauptkommissar und St. Pauli-Fan Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers). Doch der Tatort aus Münster wäre nicht der Tatort aus Münster, wenn nicht auch noch zwei Running Gags im Plot untergebracht würden: Während Thiel auf der heimischen Couch geduldig versucht, noch Tage nach dem längst feststehenden Endergebnis eine Aufzeichnung des Pokal-Hits St. Pauli gegen Bayern nachzuholen (und dabei natürlich ständig unterbrechen muss), wird Boerne in Zwischen den Ohren eine ganz besondere Ehre zuteil – er wird mit dem prestigeträchtigen Wissenschaftspreis ausgezeichnet.

Zur Preisverleihung begleiten darf ihn – aus Mangel an weiblichen Alternativen – seine Assistentin Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch), die anerkennend registriert, dass sich ihr Chef bei der Dankesrede mal wieder selbst übertrifft, weil er am Ende doch nicht die Fassung verwendet, die er bei einem köstlichen Monolog vor dem Spiegel in seiner Wohnung einstudiert hatte.

Boernes Selbstbeweihräucherung bei der Generalprobe ist die zweitbeste Szene in einem gewohnt kurzweiligen Tatort aus Westfalen: Die witzigste bleibt eindeutig der alkoholschwangere Männerabend nach Boernes Triumph, bei dem die beiden Ermittler fleißig um die Wette lallen und spontan Brüderschaft trinken. Ohne Knutschen, versteht sich.

Einmal mehr gehen die zahlreichen Gags und die amüsanten Nebenkriegsschauplätze aber zulasten der Spannung, die sich in Zwischen den Ohren von Minute 1 bis 90 nicht einstellen will. Das Drehbuch des eingespielten Duos Christoph Silber (Auf der Sonnenseite) und Thorsten Wettcke (Schweinegeld) versorgt das Sonntagspublikum zwar mit dem nötigen medizinischen Grundwissen, um überhaupt verstehen zu können, was der Alltag für einen im Volksmund „Zwitter“ getauften Menschen – hier: Nachwuchs-Tennisstar Nadine Petri (Anna Bullard, Das Mädchen Galina) – bedeutet, erlaubt sich aber gleich eine Handvoll kratergroßer Logiklöcher.

Exemplarisch dafür steht der Fund der Leiche, von der „Vaddern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer) zunächst nur den von einer Schiffsschraube abgetrennten Fuß aus einem See angelt: Lässt die Kripo das Gewässer danach absperren? Werden Taucher in den See geschickt, um den Rest des Torsos zu suchen und bergen? Weit gefehlt.

Stattdessen ist es tatsächlich Thiels Erzeuger, der bei einem erneuten nächtlichen Angelausflug zufällig auf die im Wasser treibende Leiche stößt. Das ist schlichtweg hanebüchen – und wie so oft nur zu verschmerzen, weil Mord und Täterfrage im Tatort aus Münster traditionell eine untergeordnete Rolle spielen und der Rest der Geschichte so unterhaltsam ausfällt.

Da kann man auch über die angeblich herausragenden Tennisfähigkeiten von Nachwuchshoffnung Petri, die Bälle mit meterhohem Abstand über die Netzkante Richtung Nachbarplatz returniert, nur schmunzeln.

Bewertung: 7/10


Kommentare

Eine Antwort zu „Zwischen den Ohren“

  1. Über die Tennis-Qualitäten und die fehlende Leichensuche bin ich auch gestolpert. Letztere konnte ich mir damit erklären, dass es kein See (wie hier fälschlicherweise steht), sondern ein Kanal war. Somit lässt sich eine Suche nur schwer eingrenzen. Bleibt trotzdem etwas unrund in diesem ansonsten tollen Film.

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