Folge: 793 | 6. März 2011 | Sender: ORF | Regie: Wolfgang Murnberger
Bild: rbb/ORF/Oliver Roth |
So war der Tatort:
Hochprozentig – aber leider nicht hochkarätig.
Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) staunt zunächst nicht schlecht, als er am Tatort auf Bibi Fellner (Adele Neuhauser, Weil sie böse sind) trifft, die abgewrackte Kollegin von der Wiener „Sitte“ – und diese ihm eröffnet, fortan als neue Partnerin an seiner Seite zu ermitteln.
Fellner ist schließlich nicht nur ein paar Jährchen älter, sondern führt ein halbes Dutzend Flachmänner in der Handtasche mit sich und rührt fleißig Magenbitter unter ihren Bürokaffee. Dass das nicht lange gut geht, ohne ihren neuen Vorgesetzten auf die Palme zu bringen, versteht sich von selbst – und sorgt in diesem Krimi zugleich dafür, dass im ersten Drittel von Vergeltung ein gelungener Gag den nächsten jagt.
Das beginnt bei Fellners ausgefallener Zuhälterkutsche, einem stylishen Pontiac Firebird, die sie als Dienstwagen missbraucht, setzt sich fort beim gemeinsamen Gang in den örtlichen Szeneclub, bei dem Fellner jeden Türsteher mit Vornamen grüßt, und gipfelt schließlich in einer köstlichen Sequenz im Treppenhaus, in der die keuchende Kommissarin nach einer durchzechten Nacht einfach nicht mehr in der Lage ist, die letzten Stufen bis zur psychologischen Praxis von Jochen Schmitz (Harald Schrott, Sonne und Sturm) zu erklimmen.
Zu dumm, dass ihr dabei auch noch ein jugendlicher Gewalttäter über den Weg läuft.
FELLNER:
Haaallo.
JUGENDLICHER:Fick dich.
Leider bleibt dieser brüllend komische Moment zugleich der einzige, in dem Regisseur Wolfgang Murnberger (Tödliche Habgier) und Drehbuchautor Uli Brée (Ausgelöscht) die jugendliche Problemtruppe, um die sich in diesem Tatort (fast) alles dreht, einigermaßen glaubwürdig porträtieren.
Allein die bemühte Therapierunde, bei der die Teenager nach einer emotionalen Eruption und wildem Prügeln auf einen Sandsack artig Beifall klatschen, geht dermaßen daneben, dass es schwer fällt, die Gewalttäter um die düstere Kira (Rasa Weber) in der Folge auch nur halbwegs ernst zu nehmen.
Warum besteht die Runde mit Ausnahme eines Quoten-Asiaten nur aus österreichischen Jugendlichen? Und warum nur setzen die Filmemacher frisurentechnisch so konsequent auf verfilzte Dreadlocks und schwarze Emo-Matten, neonfarbene Haare oder Glatzen? Der 793. Tatort scheitert wie schon so viele Folgen vor ihm an der glaubwürdigen Skizzierung der jungen Generation, nicht zuletzt aber auch an klaffenden Logiklöchern.
So wird der Täter zum Beispiel allein deshalb identifiziert, weil die Wiener Verkehrsbetriebe ihre U-Bahn-Stationen offenbar in Ultra-Ultra-Ultra-High-Definition überwachen. Trotz eines ziemlich verpixelten Überwachungsvideos wird problemlos in kristallklarer Auflösung auf die Fingernägel gezoomt. Da setzt eigentlich nur noch der hanebüchene Showdown, bei dem eine verwahrloste Jugendliche mit blau geschlagenem Gesicht dank weißem Kittel scheinbar wie unsichtbar über Krankenhausflure schlendert, einen drauf.
So geht Vergeltung geht trotz seines starken Auftaktdrittels am Ende gründlich in die Hose – was freilich nicht am erfrischenden neuen Wiener Tatort-Duo Moritz Eisner und Bibi Fellner liegt, die ab ihrem zweiten Einsatz Ausgelöscht dann auch regelmäßig(er) mit tollen Drehbüchern gesegnet sind.
Schreibe einen Kommentar