Folge: 337 | 7. Juli 1996 | Sender: BR | Regie: Klaus Emmerich
Bild: Bavaria Film GmbH/BR/Studio Lemm |
So war der Tatort:
Exzentrisch.
Denn im 337. Tatort ermitteln die Münchner Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in einem Fall, in den eine ganze Reihe außergewöhnlicher Persönlichkeiten involviert sind: An einer Oper in der bayerischen Landeshauptstadt laufen die Proben für die Aufführung von Guiseppe Verdis titelgebendem Bühnenstück Aida auf Hochtouren – und dabei sind neidische Blicke, ausgefahrene Ellenbogen und laute Wortgefechte an der Tagesordnung. Obendrauf kommt noch ein Mord.
Allen voran macht sich nämlich der herrische Dirigent Hubert Kramitz mit seinem unberechenbar-aufbrausenden Temperament unbeliebt. In einer Probe, die gleichzeitig den Prolog dieses Krimis bildet, zieht er über Sänger, Regisseur und Orchester her. Und nachdem er damit die Wut des gesamten Ensembles auf sich gezogen hat, wird er in seiner Garderobe beim Klavierspiel von einer unbekannten Person aus dem Off erstochen. Dargestellt wird Kramitz in einer Gastrolle vom Musiker und Komponisten Irmin Schmidt, der später auch für den ähnlich anstrengenden Münchner Tatort Wenn Frauen Austern essen den Soundtrack beisteuerte.
Die Gruppe der Verdächtigen im 13. Fall des Münchner Duos, in dem wir Assistent Carlo Menzinger (Michael Fitz) mal nicht zu Gesicht bekommen, ist nicht gerade klein: Da gibt es die Star-Sopranistin Anita Kaden (Angelika Bartsch, Animals), die laut Kramitz nicht auf die Bühne gehört, den nur als Ersatz engagierten, aber von der großen Hauptrolle träumenden Harald Landau (Victor Schefé), den von Kramitz aus der Probe geworfenen Regisseur Lothar Wickert (Felix von Manteuffel, Im Schmerz geboren) und den in die zweite Reihe verbannten Flötisten Professor Alfred Rücker (Fred Stillkrauth, Der oide Depp). Äußerst klischeehaften Vorstellungen folgend, präsentiert uns Drehbuchautor Wolfgang Hesse (Kainsmale) diese Kunstschaffenden allesamt als verschroben und ambitioniert, vor allem aber: von sich selbst eingenommen.
Als der ebenso bewunderte wie gefürchtete Dirigent sieben Stunden nach seinem Tod gefunden wird (zuvor hatte sich niemand in sein Zimmer getraut), ruft das Batic und Leitmayr auf den Plan. Schon vor dem Betreten des Operngebäudes beginnen sie eine verbale Auseinandersetzung über dieses Genre: Klassikfan Batic steht ganz hinter Verdi und schildert seinem Kollegen detailliert die Geschichte der äthiopischen Sklavin Aida in ägyptischer Gefangenschaft, während Leitmayr – wie so oft – lieber Jimi Hendrix als Beispiel für gute Musik anführt. Mit dem Operngesang wird er ganz und gar nicht warm.
LEITMAYR:Man versteht kein Wort. Und nachdenken kann man auch nicht.BATIC:Das ist Italienisch.LEITMAYR:
Deswegen spielt’s ja auch in Ägypten.
Diese ermüdende Diskussion führen die beiden über die gesamte Folge hinweg fort und schleppen außerdem eine üble Erkältung mit sich herum, bei der den auf eine gesunde Stimme angewiesenen Opernstars mehrfach Angst und Bange wird. Viel mehr gibt es über die zwei Kriminalisten in dieser Folge leider nicht zu sagen, vielmehr sind sie ein schwacher Abklatsch ihrer selbst: Sie ermitteln mehr aneinander vorbei als zusammen, ihr üblicher Humor kommt zu kurz und sie steuern zur Lösung dieses Falls kaum etwas bei. Dafür ist Batic viel zu sehr von Operndiva Anita Kadens Unschuld überzeugt, deren Stimme ihn sofort verzaubert hat, und Leitmayr viel zu sicher, dass sie den Mord begangen hat.
Auch visuell ist Aida weniger beeindruckend, als man da angesichts des vielversprechenden Settings erwarten würde. Statt eines imposanten Opernsaals sehen wir die meiste Zeit zu, wie die Münchner Ermittler durch dunkle Flure und Zimmer eilen oder im Labor auf Ergebnisse warten. Akustisch hat die Folge dafür deutlich mehr zu bieten: Wer wie Batic gern Opernmusik hört, dürfte sich über die längeren Passagen aus Verdis Komposition freuen. Die Darstellenden wurden hierfür sogar von professionellen Opernsängern synchronisiert. Die Musik hätte das Potenzial, dramatische Szenen wunderbar zu unterstreichen, wird aber leider kaum dafür eingesetzt.
Ein zweiter Todesfall bringt zwar Schwung in den Film von Regisseur Klaus Emmerich (Wenn Frauen Austern essen), doch wirkliche Spannung entsteht beim Zusehen nicht. Dafür ist die Identität des Mörders zu früh absehbar. Und Sympathien entwickeln wir innerhalb dieser exzentrischen Gruppe an Verdächtigen auch wahrlich für niemanden. Einziger Lichtblick für Publikum wie Opernpersonal ist da der zahme Kater Maxi, das Maskottchen des Hauses: Er beruhigt auch die von der allgemeinen Streitsucht angesteckten Kommissare für einen Moment – ehe er in der Rechtsmedizin ein Regal mit Reagenzgläsern zum Einsturz bringt.
Bewertung: 3/10
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