Bild: Das Erste

Der Name der Orchidee

Folge: 590 | 6. März 2005 | Sender: SWR | Regie: Jürgen Bretzinger

Bild: SWR/Hollenbach
So war der Tatort:
Blumig.
Bei ihrem siebten Einsatz ermittelt die Konstanzer Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes), die zum dritten Mal auf die Unterstützung ihres jungen Kollegen Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) zurückgreifen kann, nämlich im Umfeld einer internationalen Orchideenausstellung. Und dabei ist neben der Ermittlerin – nomen est omen – auch das Setting am Bodensee geradezu prädestiniert für diesen Themenkrimi: Der Film spielt fast ausschließlich auf der Blumeninsel Mainau, die mit ihren zahlreichen blühenden Parks und Gärten nicht nur ein beliebtes Touristenziel ist, sondern auch alljährlich im Frühjahr zu einer großen Orchideenschau einlädt.
Im 590. Tatort wird dieses Event allerdings von einem Mord überschattet: Noch bevor die  Organisatorin des Wettbewerbs, Maximiliane Tausend (SOKO-Stuttgart-Ermittlerin Astrid M. Fünderich, Sternenkinder), die Veranstaltung offiziell eröffnet, liegt der passionierte Gärtner und Orchideenexperte Walter Weiss (Siegfried W. Kernen, Restrisiko) tot in seinem Gewächshaus. Er wurde mit einem Stuhl erschlagen, nachdem im Vorfeld Gerüchte kursierten, dass er eine unter Artenschutz stehende Orchidee illegal eingeführt habe, um sie auf der Ausstellung meistbietend zu verkaufen. 
Paphiopedilum, der rote Frauenschuh, der angeblich auf einem Gemälde von Jan Brueghel dem Älteren zu sehen ist, ansonsten aber noch nirgends auf der Welt gefunden wurde, ist dabei das Objekt der Begierde, an dem gleich mehrere Personen reges Interesse hegen. Allen voran Jurypräsident und Taxonom Dr. Klaus Raven (Sky Dumont, Teufel im Leib), der dem Opfer über Jahre teure Reisen finanzierte, um von dessen Funden zu profitieren, nun aber allem Anschein nach übergangen wurde. Der Zollbeamte Knut Baginski (Samuel Finzi, mimte von 2005 bis 2014 den Gerichtsmediziner Dr. Stormann im Kieler Tatort) ist ebenfalls hinter der seltenen Orchidee her: Er sieht den Artenschutz gefährdet und will gegen den illegalen Handel vorgehen. Und dann ist da noch die exzentrische Dr. Diana Martini (Tatja Seibt, Der sanfte Tod): Sie sieht sich als weltbeste Orchideenexpertin, behandelt ihre Blumen wie ihre Kinder und kann über die Geltungssucht ihrer Kollegen nur verächtlich lachen.
Ein gleich in mehrfacher Hinsicht exotisches Umfeld, in das sich Blum und Perlmann da begeben. Gemächlich bahnt sich das Konstanzer Duo den Weg von Verhör zu Verhör, allerorten umgeben von farbenprächtigen Orchideen, deren Schönheit die Kamera immer wieder einfängt. Und während Blum von der einzigartigen Blütenpracht von Beginn an fasziniert ist und im Überschwang sogar Hermann Hesse zitiert, kann ihr Kollege die Begeisterung seiner Chefin nicht teilen.
Ohnehin hat der stets schick gekleidete Perlmann diesmal einen schweren Stand. Einleitend rutscht er auf einer Eisfläche aus und stürzt mit Blum zu Boden, die sich den Arm bricht. In der Folge leistet sich der junge Hauptkommissar weitere Ausrutscher – etwa, wenn er einfach eine Orchidee klaut, um sie erst seiner Chefin und dann Annika „Beckchen“ Beck (Justine Hauer) anzudrehen, oder er bei einer Verfolgungsjagd ein kleines Mädchen über den Haufen rennt. In Bezug auf die Dialoge meint es das Drehbuch von Dorothee Schön (Mord ist die beste Medizin) ebenfalls nicht gut mit dem smarten Ermittler: Seine Witzversuche sind fast durchgängig Rohrkrepierer. Beispiel gefällig? 

DR. RAVEN:
Glauben Sie mir, allein der Anblick einer Orchidee wirkt auf die meisten Frauen aphrodisierend.
PERLMANN:
Genau wie ich.


Von diesen Fremdschäm-Momenten abgesehen, liefert Der Name der Orchidee gleich eine ganze Reihe interessanter Informationen rund um die beliebte Blüte. Wir erfahren etwa, dass eine neuentdeckte Orchideenart nicht nach ihrem Entdecker benannt wird, sondern ihren Namen von der Person erhält, die sie als erstes beschrieben hat. Und auch was es mit Fuchshoden-Eiscreme auf sich hat, wird in diesem Tatort näher erläutert (keine Angst, es ist nicht das, wonach es zunächst klingt).
Der von Regisseur Jürgen Bretzinger (Todesspiel) relativ uninspiriert in Szene gesetzte Film funktioniert darüber hinaus auch als Whodunit zum Mitraten ganz hervorragend, wenngleich die Auflösung am Ende nicht ganz überraschend ausfällt. Die pfiffige Schlusspointe zündet dennoch und entschädigt schlussendlich für einen mitunter recht langatmigen und spannungsarmen Tatort, in dem Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten-Star und Popsternchen Yvonne Catterfeld einen Kurzauftritt hat und Perlmann verführen darf. Jasmin Wagner alias „Blümchen“ hätte irgendwie besser gepasst…
Bewertung: 5/10

Kommentare

Eine Antwort zu „Der Name der Orchidee“

  1. Avatar von Anonym

    Schöner Titel, und passend, angesichts der vielen wundervollen Orchideen, die durchaus noch besser in Szene hätten gesetzt werden können. Nur schade, dass dieser Tatort nicht in einem Kloster spielt, wie ich vermutet hätte…

    Und auch ein grundsolider Fall, in dem sich kein Täter aufdrängt und der mit einigen spannenden Fakten aufwartet, die nicht jedem bekannt sein dürften. Allein die Häufung lateinischer Namen verschiedener Orchideenarten fällt etwas nervig aus, klingt aber bald ab. Auch der Streit zwischen Blum und Perlmann wirkt aufgesetzt, aber am Ende ist es schon amüsant, als beide mit verletzten Händen nebeneinanderstehen.

    Spannung kommt nicht auf, bis wir in einem gut inszenierten Showdown um Kommissarin Blum bangen dürfen. Die Schauspieler überzeugen: Besonders Tatja Seibt brilliert als verrückte Wissenschaftlerin. Es ist auch spannend, "Martina Seifert" (Astrid M. Fünderich) aus der Soko Stuttgart mal ganz anders zu erleben – sie ist echt gut!

    Alles in allem ist der Tatort solide inszeniert, bietet einen gelungenen 0815-Whodunnit und bezieht das blumige Thema gut mit ein. Pluspunkte bietet der grandiose Twist in den allerletzten Filmsekunden.

    Durchaus sehenswert! 6/10.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert