Denn in Operation Hiob arrangieren die ORF-Redaktion und Drehbuchautor Max Gruber (Deckname Kidon) ein Szenario, wie wir es in den Jahren danach in Wien noch sehr häufig erleben werden: Acht Monate vor dem Dienstantritt seiner Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) wird Sonderermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) von Sektionschef Ernst Rauter (Hubert Kramer) an einen Tatort gerufen – und bekommt es im Anschluss nicht nur mit ein paar Verdächtigen und einem Mörder, sondern mit dem organisierten Verbrechen zu tun.
Wenngleich sich die Zahl der Leichen – anders als etwa im ähnlich gelagerten späteren Tatort-Meilenstein Kein Entkommen – nach einem bewaffneten Überfall auf ein als Weiße-Ware-Firma getarntes Drogenlager in relativ überschaubarem Rahmen bewegt, wird eines schnell klar: Um der Übermacht der wenig zimperlichen Gegenspieler Herr zu werden, braucht es mehr als nur einen engagierten (und ziemlich übernächtigten) Sonderermittler. Und so erhält Eisner diesmal gleich doppelt Unterstützung.
Da ist zum einen der gemütliche Inspektor Bernhard Weiler (Heribert Sasse), der bereits in Exitus und Familiensache mitwirkte, regelmäßig mit seiner Frau telefoniert und sich eigentlich schon in den Ruhestand verabschieden wollte: Nach einem feuchtfröhlichen Abend mit Eisner, bei dem die beiden im Prolog des Films bei einem Glas Rotwein über die Verbrecher von damals und heute philosophieren, verrichtet Weiler wertvolle Fleißarbeit im Präsidium, in dem die gepackten Kartons schon bereitstehen.
Und da ist der BKA-Kollege Herbert Czermak (Nicholas Ofczarek, Die Geschichte vom bösen Friederich), der die titelgebende Operation Hiob gegen das Drogensyndikat des skrupellosen Ex-Geheimagenten Dr. Ziu (Kasem Hoxha, Willkommen in Hamburg) leitet: Schon bei der ersten Begegnung in der – sagen wir mal: praktisch – eingerichteten Einsatzzentrale stellt Czermak bei einer Tasse Kaffee aus dem Plastikbecher klar, dass Eisner und Rauter nach seiner Pfeife zu tanzen haben und der Einsatz seines verdeckten Ermittlers Luca Conti (Astrit Alihajdaraj) unter keinen Umständen gefährdet werden darf.
CZERMAK:
Unser Kaffee, unsere Regeln.
Solche Grabenkämpfe im Rahmen der Ermittlungen gegen das weitestgehend gesichtslose organisierte Verbrechen gibt es im Austro-Tatort – wir denken an Ausgelöscht, Angezählt oder Die Kunst des Krieges – in den Jahren danach noch häufiger, doch werden die üblichen Mechanismen der Wiener Großstadtkrimis im 767. Tatort um eine persönliche Komponente ergänzt: Auch Eisners umtriebige Tochter Claudia (Sarah Tkotsch), die zum achten Mal mit von der Partie ist und ihre Drogensucht überwunden hat, gerät ins Visier der Kriminellen.
Nicht gerade der originellste Drehbuchkniff, mit dem die Filmemacher zusätzlichen Thrill schüren, doch unterm Strich ist die Gefahrensituation, die in einem defekten Kühlschrank in Eisners Wohnung ihren Ausgangspunkt hat, für die Spannungskurve effektiv und führt zugleich dazu, dass es zwischen Eisner und Rauter zum vielleicht größten Knall in der Wiener Tatort-Geschichte kommt. Rauter trägt eine gehörige Mitschuld an Eisners Sorgenfalten und muss sich auf der Zielgeraden des Krimis eingestehen, dass er diesmal wohl zu weit gegangen ist.
Bis dahin läuft Operation Hiob unter routinierter, bisweilen etwas altbackener Regie von Nikolaus Leytner (Baum fällt) ziemlich geradlinig ab und bedient sich zahlreicher Elemente aus dem Spionagefilm: Als besonders reizvoll entpuppt sich die Überwachung der Gespräche, in denen Dr. Ziu und seine Handlanger darüber debattieren, wie man Eisners Tochter als Schwachpunkt ausnutzen könne, während der Sonderermittler das Ganze machtlos mitanhört. Später rücken SEK-Einheiten in getarnten LKW an. Spektakuläre Schießereien oder halsbrecherische Verfolgungsjagden gibt es in diesem Krimi aber nicht – dafür einen Kurztrip ins slowakische Bratislava.
Auch die Zusammenarbeit mit Weiler entpuppt sich für den Film als Gewinn. Anfangs als nutzloser Fast-Ruheständler vorverurteilt, trägt der Inspektor doch entscheidend zum Erfolg der Ermittlungen bei und verbucht einige Lacher für sich: Seine sympathische Vorliebe für Snacks am Arbeitsplatz sorgt für Schmunzler und allein die Sequenz, bei der Eisner und die Spurensicherung eine Zigarettenkippe in einem riesigen Müllberg suchen und sich Weiler genüsslich an den kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Abschiedspräsentkorb bedient, ist das Einschalten wert. Manchmal ist Polizeiarbeit eben auch Sisyphosarbeit.
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