Folge: 898 | 2. Februar 2014 | Sender: WDR | Regie: Dror Zahavi
Bild: WDR/Thomas Kost |
So war der Tatort:
Schwindelerregend.
Denn der große Showdown von Auf ewig Dein findet in luftiger Höhe auf einem Hochhausdach statt, auf dem es zwischen Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) und dem unberechenbaren Markus Graf (Florian Bartholomäi, Ein ganz normaler Fall) zu einem packenden Psychoduell kommt. Der vierte Dortmunder Tatort ist einmal mehr eine One-Man-Show des egozentrischen Ermittlers, der einst Grafs Vater hinter Gitter brachte und nun damit umgehen muss, dass ihm der mittlerweile erwachsene Sohn seine Frau und Tochter nahm und weitere unschuldige Mädchen auf dem Gewissen hat.
Die Puzzlestücke der bewegten Faberschen Vergangenheit, die in den ersten drei Ruhrpott-Krimis Alter Ego, Mein Revier und Eine andere Welt nach und nach ein Gesamtbild ergaben, fügen sich zusammen und machen den 898. Tatort zum bis dato persönlichsten für den exzentrischen Kommissar. Mehr als einmal muss seine Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) mentale Aufbauhilfe leisten und als menschlicher Katalysator einspringen, um die tickende Zeitbombe Faber überhaupt im Zaum halten zu können. Das macht Laune – wer aber mit Fabers Ego-Touren bisher nichts anfangen konnte, wird auch mit Auf ewig Dein nicht glücklich werden.
Drehbuchautor Jürgen Werner (Klassentreffen), der auch die Bücher zu den ersten drei Dortmunder Folgen beisteuerte, setzt seinen mutigen Kurs fort, stellt für seine Figuren aber zugleich die Weichen für eine von Veränderungen geprägte Zukunft. Und setzt erneut auf bissige One-Liner und amüsante Zwischentöne – zum Beispiel dann, wenn der gewohnt verlottert auftretende Faber bei einer Stippvisite in der Reinigungsfirma von Stefan Passek (Martin Reik) irrtümlich für einen schlecht gekleideten Bewerber gehalten wird.
PASSEK:
Wenn Sie ’n Job suchen, lassen Sie ’s. Ich stelle keine Obdachlosen ein!
Schwindelerregend ist aber nicht nur der Showdown, sondern auch das Tempo, dass Regisseur Dror Zahavi (Franziska) in den ersten zwanzig Minuten vorlegt: Wer kurz aufs Klo geht oder nicht pünktlich einschaltet, wird Mühe haben, die vielen neuen Namen später nicht durcheinander zu werfen. Dieser Zeitrafferkurs bei der Suche nach dem Mörder der 12-jährigen Marie kommt nicht von ungefähr: Erneut werden in Dortmund viele Nebenkriegsschauplätze beackert, so dass für Ermittlungsarbeit und Übersicht schaffende Dialoge kaum Zeit bleibt.
Während Faber zum Angriff auf Graf bläst, muss sich Bönisch mit Ex-Lover Toni Kelling (Jo Weil) herumärgern – der ist nicht nur Callboy, sondern auch Koksdealer und nutzt eine Begegnung auf dem Präsidium prompt für eine fiese Erpressung. Faber wäre nicht Faber, würde er Bönischs Geständnis nicht für seine ganz eigene Lösung des Problems nutzen, kann sich hier aber ein Stück weit von seinem Kollegenschwein-Image emanzipieren und überraschende Sympathiepunkte sammeln.
Für die einstigen Turteltauben Daniel Kossik (Stefan Konarske) und Nora Dalay (Aylin Tezel) gilt dies freilich nicht: Keine zwei Monate nach Kira Dorn (Nora Tschirner) in Die fette Hoppe ist die nächste Tatort-Kommissarin schwanger und die dramaturgische Vollbremsung damit vorprogrammiert. Exemplarisch zeigt sich dies in der kitschigen Küchenszene, in
der Rechtsmediziner Jonas Zander (Thomas Arnold) mit Laborergebnissen in die traute Zweisamkeit platzt: Kossik scheint darüber fast verärgert. Was kümmert ihn
schließlich ein Mordopfer, wenn es um den eigenen
Nachwuchs geht?
Immerhin: Die Liaison zwischen Kossik und Dalay, die das Kind abtreiben möchte, ist nach diesem
Tatort beendet. Für die kommenden Folgen keine schlechten Voraussetzungen, will Dortmund endlich aus dem soliden Mittelmaß heraus. Und auch Antagonist Markus Graf haben wir nicht zum letzten Mal gesehen.
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