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Die Liebe, ein seltsames Spiel

Folge: 1022 | 21. Mai 2017 | Sender: BR | Regie: Rainer Kaufmann

Bild: BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Hendrik Heiden

So war der Tatort:

Polyamor.

Denn wir lernen: Liebt man mehrere Menschen gleichzeitig und wissen diese voneinander, lebt man polyamor – so wie es Psychologin Dr. Julia Stephan (Anna Schäfer, Mein Revier) in diesem Tatort tut. Und so, wie es Architekt Thomas Jacobi (Martin Feifel, Aus der Tiefe der Zeit) wohl besser hätte tun sollen: Mit fünf Frauen gleichzeitig hat der Mann ein Verhältnis, doch die fallen aus allen Wolken, als sie voneinander erfahren.

Neben Dr. Stephan war Jacobi mit Mordopfer Verena Schneider liiert, die Hauptkommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Assistent Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) tot vor einem Münchner Mietshaus finden, außerdem mit deren bester Freundin Nicole Büchner (Hanna Scheibe, Schwarze Tiger, weiße Löwen), der Friseurin Heike Gonzor (Anastasia Papadopoulou) und seiner Hausärztin Dr. Andrea Slowinski (Juliane Köhler, Nachbarn).

Auch Batic hat sich in eine Affäre gestürzt: Drei Wochen nach dem letzten Auftritt von Ayumi Schröder (Luka Omoto) im packenden Meisterwerk Der Tod ist unser ganzes Leben ist von Abschiedsschmerz nichts zu spüren. Die Liebe, ein seltsames Spiel knüpft inhaltlich nicht an den aufwühlenden Vorgänger an, was einfach zu erklären ist: Der Film von Regisseur Rainer Kaufmann (Der Wüstensohn) wurde einige Monate früher gedreht, aber später ausgestrahlt.

Entsprechend wenig Tiefgang entwickelt die Bettgeschichte von Batic und Josie Cremer (Viola Wedekind): Ein bisschen nackte Haut, ein paar Turteleien zwischen den Laken – das war’s. Überhaupt ist der 76. Fall von Batic und Leitmayr eher ein leichter Film über die Liebe als ein spannender Krimi – der Dialogwitz bei den Befragungen der vier noch lebenden Liebhaberinnen sorgt aber zumindest für einige Lacher.


STEPHAN:
Es tut mir leid, aber ich nehme hier mein Zeugnisverweigerungsrecht als seine Lebenspartnerin in Anspruch.

LEITMAYR:
Das sie gar nicht haben. Wenn, dann sowieso nur ein Fünftel. Also, bitte.

Schon früh verfestigt sich der Eindruck, dass Drehbuchautorin Katrin Bühlig (Frühstück für immer) die Batic-Liebelei (nicht die erste übrigens, vgl. Das Glockenbachgeheimnis) in die Geschichte geschrieben hat, um damit eine der ältesten aller Tatort-Regeln zu befolgen: Was den Ermittlern bei ihren Nachforschungen im Kriminalfall begegnet, wird häufig in ihrem Privatleben gespiegelt (wie zuletzt in Nachbarn oder Fangschuss).

Auch sonst schalten die Filmemacher im 1022. Tatort über weite Strecken auf Autopilot und arbeiten einen Standardmoment nach dem nächsten ab: Die erste Leiche liegt zum Auftakt parat, die zweite nach einer knappen Stunde – dazwischen gibt es unzählige Befragungen und ein halbes Dutzend Verdächtige, von denen eine vorübergehend aus dem Blickfeld gerät.


Die Liebe, ein seltsames Spiel ist ein Tatort, nach dem man die Uhr stellen kann und bei dem in erster Linie spannungsscheue Zuschauer mit Freude an der Tätersuche Gefallen finden dürften. Die gipfelt aber in einem schwachen Finale: So vorhersehbar die eine Hälfte der Auflösung dank der unübersehbaren Hinweise auf die Täterin ausfällt, so hanebüchen ist die andere. Am Ende driftet der Film dank des aberwitzigen Mordmotivs sogar in die unfreiwillige Komik ab (wenngleich der Schlussakkord ein netter Seitenhieb auf den Münchner Mietspiegel ist).

So schlecht hat man den Tatort von der Isar seit über drei Jahren nicht mehr gesehen (vgl. Allmächtig), denn auch die Nebenfiguren bleiben blass: Juliane Köhler wird in ihrer eindimensionalen Nebenrolle als Hausärztin des Hauptverdächtigen ähnlich wenig gefordert wie sonst in ihrer Rolle als Psychologin Lydia Rosenberg im Tatort aus Köln, während man sich bei Jacobi fragt, was all die betrogenen Frauen nur an diesem Unsympathen finden – allen voran seine schwer verliebte, aber von ihm verschmähte Angestellte Anna Marie Fritsch (Genija Rykova, Der Himmel ist ein Platz auf Erden).

So ist es am Ende vor allem den sympathischen Hauptfiguren zu verdanken, dass Kaufmanns zweiter Beitrag zur Krimireihe kein kompletter Fehlschlag ist: Das Spannungsbarometer schlägt in diesem unterdurchschnittlichen Münchner Tatort zwar kein einziges Mal nach oben aus, aber die altgedienten Kommissare harmonieren einmal mehr prächtig und locken den aufgeweckten Kalli regelmäßig aus der Reserve („Tja, Kalli – was fragt der Fernsehkommissar jetzt?“). Der schießt genauso gern zurück – versucht aber bis zum Schluss vergeblich, den glücklichen Dauer-Single Leitmayr mit seiner Mutter zu verkuppeln.

Schade eigentlich.

Bewertung: 4/10


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