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Vom Himmel hoch

Folge: 1074 | 9. Dezember 2018 | Sender: SWR | Regie: Tom Bohn

Bild: SWR/Alexander Kluge

So war der Tatort:

Wenig weihnachtlich, wenngleich der pfiffige Krimititel, die TV-Premiere im Dezember und die Temperaturen in der Kurpfalz das durchaus nahelegen.


Vom Himmel hoch thematisiert – anders als der vielgelobte Münchner Vorgänger Wir kriegen euch alle – nicht den Besuch des Weihnachtsmannes oder das Fest der Liebe, sondern den Drohnenkrieg und dessen Folgen für die US-Soldaten und zivilen Opfer aus dem Nahen Osten. Der Ludwigshafener Psychiater Dr. Steinfeld hat sich auf die Behandlung von Menschen mit entsprechenden Traumata spezialisiert – und als er eines morgens tot in seiner Praxis liegt, suchen Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihre Partnerin Johanna Stern (Lisa Bitter) den Täter im Kreise seiner Patienten.

Ähnlich wie seine Kollegen im Saarbrücker Tatort Heimatfront oder im Leipziger Tatort Todesbilder beschäftigt sich Regisseur und Drehbuchautor Tom Bohn (Kalter Engel) in seiner stimmigen Kreuzung aus klassischem Krimi und politisch angehauchtem Psychothriller mit der Frage, was die persönlichen Erfahrungen im Krieg mit der Seele eines Menschen anrichten können.

Dabei hält sich Bohn, der bei Minute 51 ein nettes Easter Egg in seinem 17. Tatort platziert, eine knappe Stunde lang an die wesentlichen Standardmomente der Krimireihe: Leichenfund zum Auftakt, Befragung der Zeugen und Verdächtigen, Erkenntnisse der Rechtsmediziner und natürlich der obligatorische Konflikt mit dem arroganten Staatsanwalt (hier: Max Tidof, Ein Sommernachtstraum), der den engagierten Kommissarinnen mehrfach in die Ermittlungen grätscht.


ODENTHAL:
Das ist scheiße, Herr Oberstaatsanwalt!

OBERSTAATSANWALT:
Ich weiß, Frau Odenthal.

Mit seinem Psychogramm kratzt Bohn aber nur an der Oberfläche, statt in die Gefühlswelt seiner Figuren vorzudringen: Die Vorgeschichte der depressiven Heather Miller (großartig: Lena Drieschner) illustriert er in trashigen Flashbacks, die die US-Soldatin bei Einsätzen im Drohnenkrieg zeigen, ehe sie sich Stern gegenüber öffnet. Über den tatverdächtigen Mirhat Rojan (Cuco Wallraff), der seine Kinder im Irakkrieg verloren hat, und seinen kurdischen Bruder Martin (Diego Wallraff, Engel der Nacht), erfahren wir dagegen so gut wie nichts: Der tragische Verlust wird auffallend kurz beleuchtet und lässt den Zuschauer entsprechend kalt.

Dabei wäre im Drehbuch Platz für den nötigen Tiefgang gewesen, hätte man woanders gekürzt: Die Eheprobleme von Verhaltenstherapeutin Dr. Christa Dietrich (Beate Maes, Die Liebe und ihr Preis), mit dem sich das Opfer seine Praxis geteilt hat, bringen die Geschichte keinen Deut voran und dienen eher als halbherzige falsche Fährte im Hinblick auf die Auflösung des Mordfalls.

Der ist nach gut 50 Minuten aber geklärt, so dass sich der Film im Schlussdrittel zum spannenden Thriller wandelt und dann auch seine stärksten Momente hat: Ähnlich wie im Dortmunder Meilenstein Sturm, im Hamburger Tatort Zorn Gottes oder im Bremer Flop Der hundertste Affe gilt es für Odenthal und Stern, ein Attentat auf Jason O’Connor (Peter Gilbert Cotton, Zwischen den Fronten) zu verhindern – der Staatssekretär des US-Verteidigungsministeriums will sich in einem Luxushotel mit General Peter Huffing (Jim Boeven) und dem deutschen Verteidigungsminister treffen.

Auch sonst hat sich nach den desaströsen Impro-Experimenten Babbeldasch und Waldlust in Ludwigshafen wieder manches in die richtige Richtung entwickelt: Das nervtötende Gezicke, das den Großteil der Sternschen Einsätze zur anstrengenden Geduldsprobe werden ließ (vgl. LU), ist endgültig Geschichte. Vielmehr schweißt der 1074. Tatort die Kommissarinnen zusammen, und auch Assistentin Edith Keller (Annalena Schmidt) und Kriminaltechniker Peter Becker (Peter Espeloer) werden diesmal sinnvoll in die Handlung eingebunden, statt sie auf Stichwörter zu reduzieren oder der Lächerlichkeit preiszugeben.

Und dann ist da noch die Szene, bei der jedem Fan von Mario Kopper (Andreas Hoppe) warm ums Herz wird: Die dienstälteste Tatort-Ermittlerin schwelgt im Präsidium beim Blick auf das Abschiedsgeschenk ihres Ex-Kollegen in Erinnerungen und verdrückt ein paar Tränen – so wenig elegant sich der Abgang des deutsch-italienischen Kommissars in den letzten Jahren gestaltet hatte, so rührend ist dieser nostalgische Moment, den Stern erst erkennt und dann mit der Sensibilität einer Abrissbirne beendet.


STERN:
Jetzt haste ja mich.


Bewertung: 6/10


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