Folge: 1103 | 22. September 2019 | Sender: MDR | Regie: Helena Hufnagel
Bild: MDR/Wiedemann&Berg/Stephanie Kulbach |
So war der Tatort:
Nicht ganz so albern wie die bisherigen Folgen aus Weimar – denn Hauptkommissar Lessing (Christian Ulmen) ist bei seinem neunten Einsatz schon nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr zum Lachen zumute.
Der Ermittler aus Thüringen gerät in Die harte Kern unter Mordverdacht, weil der vor Gericht überraschend freigesprochene Schrottplatzbesitzer Harald Knopp (Heiko Pinkowski, Waldlust) mit Lessings Waffe erschossen wurde – und so dauert es nicht lange, bis die titelgebende interne Sonderermittlerin Eva Kern (Nina Proll, Ein neues Leben) im Kommissariat aufschlägt und Lessing zum Ärger von dessen Partnerin Kira Dorn (Nora Tschirner) in die Mangel nimmt.
Mit diesem Schicksal ist der Weimarer Kommissar nicht allein: In den vergangenen Jahren waren es unter anderem seine Tatort-Kollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveil) in Der traurige König, Peter Faber (Jörg Hartmann) in Zahltag oder Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) in Alles was Sie sagen, die sich bohrende Fragen der internen Ermittler gefallen lassen mussten – und so kommt die erste Stunde der Krimikomödie eine ganze Ecke ernster daher als beispielsweise der turbulente Kirmesausflug Der irre Iwan oder das wilde Westernabenteuer Der höllische Heinz, in denen Spannung und Logik meist hinter Wortwitz und Situationskomik hintenanstehen mussten.
Besonders offensichtlich ist das im Hinblick auf den Weimarer Kripochef Kurt Stich (Thorsten Merten), der bisher als Polizistenkarikatur auf zwei Beinen daherkam und diesmal viel geerdeter wirkt. Zeit für den einen oder anderen Kalauer bleibt natürlich trotzdem, denn da gibt es ja auch noch den einfältigen Schutzpolizisten „Lupo“ (Arndt Schwering-Sohnrey), der diesmal bis über beide Ohren verliebt ist und Lessing zugleich als Sparringspartner für Dorn ersetzt.
STICH:
Lupo, ich glaub‘ deine Freundin hat vorhin angerufen. Auf der 110.
LUPO:Und ich sag ihr immer: die 110 nur im Notfall!
Die Weimarer Stammautoren Murmel Clausen und Andreas Pflüger schrauben den Humor im 1103. Tatort etwas zurück, doch ein stimmiges Bild ergibt sich unterm Strich nicht: Für eine spritzige und über 90 Minuten unterhaltsame Komödie ist die Pointendichte lange Zeit zu niedrig, für einen kniffligen Whodunit zum Miträtseln mangelt es an einer glaubwürdigen und originellen Geschichte und für ein mitreißendes Krimidrama sind die Charaktere zu überzeichnet. Denn auch Die harte Kern, die bei ihren Ermittlungen nicht die Spur von Erbarmen kennt, ist letztlich nur eine ebenso unsympathische wie einfallslose Figur aus dem Standardrepertoire der Krimireihe, die wir in den oben genannten und vielen weiteren Tatort-Folgen schon dutzende Male zu Gesicht bekommen haben.
Dass hier mehr drin gewesen wäre, zeigt ein köstliches Wortduell im Verhörzimmer, bei dem Lessing bewusst auf einen Anwalt verzichtet und sein Gegenüber mit ironischen Überspitzungen abblitzen lässt – diese amüsante Sequenz ist einer der wenigen Höhepunkte in einem Genremix, dem die klare erzählerische Linie bis zum Schluss fehlt.
Denn nach etwa einer Stunde vollziehen die Filmemacher einen abrupten Wechsel des Erzähltons: Inszeniert Regisseurin und Tatort-Debütantin Helena Hufnagel die erste Stunde noch relativ düster, folgt nach ein paar Krokodilstränen der gebeutelten Kommissarin Dorn plötzlich eine hanebüchene Wendung, bei der der schauspielerisch diesmal weniger geforderten Nebendarstellerin Katharina Marie Schubert (brillierte in Anne und der Tod und Falscher Hase) bereits zum dritten Mal binnen vier Monaten die Schlüsselrolle in einem Sonntagskrimi zukommt.
In der letzten halben Stunde des Films wird dann noch schnell all der Klamauk nachgeholt, ohne den die Krimikomödie bis dato ganz gut ausgekommen ist – ein solcher Stimmungsschwenk kann kaum funktionieren. Und auch der mit klangvollen Namen wie Celine Dion, Cigarettes After Sex oder David Bowie gespickte Soundtrack ändert wenig daran, dass in diesem Tatort trotz vieler guter Ansätze und manchem tollen Spruch am Ende vieles Stückwerk bleibt.
Rezension der vorherigen Folge: Kritik zum Tatort „Maleficius“
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