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Die Pfalz von oben

Folge: 1109 | 17. November 2019 | Sender: SWR | Regie: Brigitte Maria Bertele

Bild: SWR/Jacqueline Krause-Burberg

So war der Tatort:

Weit weniger skandalträchtig als sein vieldiskutierter Vorgänger.

Tod im Häcksler hatte 1991 den damaligen rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle auf die Palme gebracht, weil der Politiker in dem soliden Provinzkrimi Land und Leute als hinterwäldlerischen Mob verunglimpft sah.

28 Jahre später knüpfen Regisseurin Brigitte Maria Bertele und Drehbuchautor Christoph Darnstädt (Der gute Weg), der auch Tod im Häcksler schrieb, anlässlich des 30-jährigen Dienstjubiläums der Ludwigshafener Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) an diese vieldiskutierte Tatort-Folge an, ohne dabei Vorwissen beim Zuschauer vorauszusetzen: Odenthal begibt sich nach dem Tod des jungen Streifenpolizisten Benny Hilpert (Max Schimmelpfennig, Der Maulwurf) erneut ins westpfälzische Zarten, aus dem der damalige Dorfpolizist und heutige Dienststellenleiter Stefan Tries (Ben Becker, Der Fall Reinhardt) nach Abschluss des Falls und einer gemeinsamen Nacht mit der Kommissarin nie weggekommen ist.

Allzu große Wiedersehensfreude herrscht allerdings nicht: Über die Jahre hat man sich aus den Augen verloren, Odenthals Nachforschungen auf seiner kleinen Dienststelle schmecken Tries gar nicht und in seinem Haus an der Bullenweide will sich die mittlerweile dienstälteste Tatort-Kommissarin – zumindest vorerst – auch nicht einquartieren.


TRIES:
Fährst du zurück nach Ludwigshafen? Ich hab ein Gästezimmer.


ODENTHAL:
Mein Büro hat mir was im Nachbarort gebucht.

Dass man Tries nicht über den Weg trauen kann, wird schon in den Anfangsminuten der 1109. Tatort-Folge deutlich: Einen alkoholisierten Landwirt lässt er bei der nächtlichen Streife davonfahren, statt ihm den Führerschein abzuknöpfen – und auch bei der folgenreichen Kontrolle eines LKW, bei der Hilpert erschossen wird, scheint etwas nicht mit rechten Dingen zuzugehen.

Wenngleich die Filmemacher den genauen Tathergang in der Schlüsselszene des Films gekonnt mit Schnitten und wechselnden Perspektiven verschleiern, werden sich erfahrene Krimifans von diesen Nebelkerzen nicht aufs Glatteis führen lassen – was aber genau geschieht, bleibt bis in die Schlussminuten offen und mündet dann in eine überraschende, wenn auch nicht ganz glaubwürdige Auflösung.

Antriebsmotor der routiniert inszenierten Kreuzung aus Whodunit und Howcatchem ist neben der Täterfrage vor allem das Treiben von Tries und seinen korrupten Kollegen Trump (Thomas Loibl, Borowski und das Haus der Geister), Fies (Maria Dragus) und Nicolay (Till Wonka, Am Ende geht man nackt) – die Rahmenhandlung um das gezielte Wegsehen der Polizei beim Drogenschmuggel und die Bauprojekte französischer Investoren fällt allerdings recht oberflächlich aus.

Zudem hat der Film im Mittelteil mit einem erheblichen Hänger zu kämpfen: Während Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) und Rechtsmediziner Peter Becker (Peter Espeloer) sich auf den Fall konzentrieren, gehen Odenthal und Tries bei einem Glas Rotwein und einer Line Koks ausführlich auf Tuchfühlung. Für zusätzliche Brisanz sorgt dieses Techtelmechtel mit dem Tatverdächtigen allerdings kaum und wirklich knistern will es zwischen den beiden auch nicht – die aufkeimenden Gefühle bleiben blanke Behauptung.

Ähnlich dünn gerät der einfallslos konstruierte Konflikt mit dem herbeizitierten internen Ermittler Charly Metzger (David Bredin, Tollwut), der in der zur Einsatzzentrale umfunktionierten Kegelbahn (!) keine Sympathiepunkte sammelt, und auch sonst wirkt manches aufgesetzt oder gar unfreiwillig komisch: Die am wenigsten glaubwürdige Figur ist die verwitwete Zoe Hilpert (Jana McKinnon), die wenige Tage nach dem Verlust ihres Mannes schneller wieder Anschluss findet, als Hobbyfußballtrainer Tries seinen mäßig talentierten Kreisklassenkickern „Tiki-Taka!“ zubrüllen kann.

Besonders unbeholfen arrangiert ist dann ausgerechnet die Sequenz, in der die Filmemacher den Bogen in die Vergangenheit schlagen und nach 28 Jahren erneut einen Häcksler auf Odenthal loslassen – das Duell Maschine vs. Kommissarin gerät förmlich zur Lachnummer.

Der Jubiläumskrimi ist das Einschalten trotzdem wert, denn neben der charismatischen Performance von Ben Becker bietet Die Pfalz von oben auch einige nostalgische Momente – zum Beispiel dann, wenn Tries Bob Dylans Lay Lady Lay auflegt und stimmungsvolle Bilder von 1991 eingeflochten werden.

Bewertung: 5/10

Rezension der vorherigen Folge: Kritik zum Tatort „Das Leben nach dem Tod“


Kommentare

6 Antworten zu „Die Pfalz von oben“

  1. ich fand denn Tatort ganz gut,zwar nicht zu den besten aber in der obrigen Kategorie bei mir zufinden!!

  2. Hat mir ausgesprochen gut gefallen. Für mich der beste Tatort seit langem

  3. Lena Odenthal auf Tuchfühlung mit einem Mann macht mich etwas ratlos !?!

    1. Naja, man sollte schon zwischen der Schauspielerin und ihrer Rolle unterscheiden. In einem Interview hat Ulrike Folkerts sinngemäß gesagt, dass sie Lena Odenthal nicht lesbisch darstellen wollte, weil ihr das zu nah an ihrer eigenen Person wäre.

    2. Wie passt dann diese Szene ins Bild?

      https://www.youtube.com/watch?v=kJEPiD7yMag

  4. Ich fand den Tatort super..Ben Becker und Lena..und Musik von Bob Dylan..

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