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Rhythm and Love

Folge: 1166 | 2. Mai 2021 | Sender: WDR | Regie: Brigitte Maria Bertele

Bild: WDR/Martin Valentin Menke
So war der Tatort:
Rhythmisch.
Denn selbst die #allesdichtmachen-Aktion, die zehn Tage vor der TV-Premiere von Rhythm and Love fĂŒr ein mittelschweres Erdbeben in der deutschen Medienlandschaft sorgte, vermochte diese Krimikomödie in seichter Vorabend-TonalitĂ€t nicht mehr aus dem Takt zu bringen: Anders als seine Tatort-Kolleginnen und -Kollegen Meret Becker, Ulrike Folkerts oder Richy MĂŒller distanzierte sich Schauspieler Jan Josef Liefers ausdrĂŒcklich nicht von seinem Videobeitrag – und erntete dafĂŒr nicht nur Applaus von Querdenkern und AfD-Politikern, sondern auch Empörung von Krankenhauspersonal und großen Teilen der Öffentlichkeit.
Der Rhythmus des Films kommt deutlich unaufgeregter daher: Unter Regie von Brigitte Maria Bertele (Das perfekte Verbrechen) plĂ€tschert die gemĂŒtliche Geschichte von Drehbuchautorin Elke Schuch (Feierstunde) im Adagio vor sich hin und wechselt erst beim abstrusen Showdown kurz ins Andante. Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Liefers) mĂŒssen bei ihrem 39. Einsatz den Mörder eines Tantra-Lehrers finden, der mit weiteren Verfechtern der freien Liebe in einer Kommune namens Erlenhof gelebt hat.
Ein Setting, wie gemalt fĂŒr Herbert „Vaddern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer), der im MĂŒnster-Tatort seit Ewigkeiten auf witzlose Taxi-und-Cannabis-Szenen reduziert wird. Doch leider lassen die Filmemacher die Chance, der seit Jahren auserzĂ€hlten Figur neues Leben einzuhauchen, ungenutzt: Statt den Alt-Hippie bei einem humorvollen Undercover-Einsatz unter seinesgleichen das Innenleben der Kommune ausleuchten zu lassen, bleibt es bei drei harmlosen Blödelszenen, die wenig Mehrwert fĂŒr die Handlung generieren. Die Stars im MĂŒnster-Tatort sind eben der  Rad fahrende Thiel und der neuerdings Tesla fahrende Boerne – und der darf sich diesmal nicht nur als Gerichtsmediziner, sondern am Erlenhof auch als Co-Ermittler, Spurensicherer und Polyamorie-Forscher versuchen.

BOERNE:
Polyamore Beziehungen erfordern eben eine – ganz allgemein – Freude an der Begegnung. Auch die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Anderen.

THIEL:

Seit wann sind Sie denn ein Fachmann fĂŒr das Beziehungswesen?


Egal ob Polyamorie, die auch 2017 im zĂ€hen MĂŒnchner Tatort Die Liebe, ein seltsames Spiel thematisiert wurde, HomosexualitĂ€t unter Polizeibeamten oder das Beichtgeheimnis, an das der undurchsichtige Pfarrer Tobias FlĂŒgge (Nikolai Kinski, Mord Ex Machina) gebunden ist: Mit keinem der vielversprechenden Themen, die alle im Eilverfahren angerissen werden, findet eine ernsthafte Auseinandersetzung statt. Sie sind einfach da, sie halten das erzĂ€hlerische GerĂŒst mĂŒhsam zusammen, lassen den Tiefgang aber ĂŒber weite Strecken vermissen.
Einmal mehr muss der dĂŒnne Kriminalfall hinter noch dĂŒnneren NebenkriegsschauplĂ€tzen hintenanstehen, die vor allem dazu dienen, den eitlen Professor in SchwulitĂ€ten zu bringen oder den nĂ€chsten Kalauer vorzubereiten: WĂ€hrend das haarige Missgeschick von Assistentin Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) auf Dauer ĂŒberstrapaziert wird, muss der wenig durchtrainierte Assistent Mirko Schrader (Björn Meyer) einen Karatekampf (!) auf dem Polizeifest zusagen – das ist so witzlos und bemĂŒht, dass das Zuschauen fast weh tut.
Immerhin: Die gĂ€hnend langweilige Nebenhandlung bringt uns die beiden Charaktere aus der zweiten Reihe mal etwas nĂ€her – anders als StaatsanwĂ€ltin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), die einmal mehr die Skandale scheut. Thiel und Boerne, von Liefers als Parodie auf zwei Beinen gespielt, saufen hingegen lallend Rotwein auf dem Seziertisch, um am nĂ€chsten Morgen verkatert am Tatort aufzulaufen. Wie lustig. Gab es 2010 in der deutlich besseren Folge Zwischen den Ohren in fast identischer Form schon einmal und steht exemplarisch dafĂŒr, dass oft nur noch lau aufgewĂ€rmt wird – seltene Ausnahmen wie Limbus bestĂ€tigen die Regel.
Auch der Blick auf die TatverdĂ€chtigen rĂŒckt das enttĂ€uschende Gesamtbild nicht mehr gerade: Die Auflösung des Mordfalls ist nach Thiels erster Stippvisite bei Marion (Patrycia Ziolkowska, Borowski und das verlorene MĂ€dchen), Johannes (August Wittgenstein, HAL) und Kurt Hagen (Peter Harting, Keine Polizei) bereits zu erahnen, wĂ€hrend die Hagens am Ende die Erfahrung machen, das offene Beziehungen in Eifersucht mĂŒnden können. Ach, echt? Kommunenmitglied Ines Fournier (Maelle Giovanetti) hĂ€tte das FĂŒr und Wider sicher gern intensiver debattiert, ist nach ein paar AllgemeinplĂ€tzen aber an der Trommel gebunden, weil Boerne das in diesem Tatort eben auch mal versuchen will – und dabei Ă€hnlich klĂ€glich scheitert wie es der Film insgesamt tut.
Bewertung: 3/10

✅ VertrĂ€ge verlĂ€ngert: Liefers und Prahl bleiben dem Tatort erhalten


📝 So war der letzte Tatort: Kritik zum Tatort „Was wir erben“


Kommentare

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18 Antworten zu „Rhythm and Love“

  1. Avatar von Unknown
    Unknown

    Vielleicht sollten die Macher bei ihrem nĂ€chsten Experiment Liefers einfach mal weglassen. Einfach nur peinlich diese Soap. Sparen uns zukĂŒnftig den MĂŒnsteraner Tatort

  2. Avatar von Anonym

    So viel Reflexionsgabe wie Herr Boerne darlegte, wĂŒnschte ich mir auch bei Herrn Liefers

  3. Avatar von Unknown
    Unknown

    Jan Josef Liefers ist nach wie vor einsame Spitze – als Schauspieler. Der Ausrutscher in der schnöden RealitĂ€t sei ihm verziehen. Das war natĂŒrlich Bockmist.
    Ansonsten fand ich den Tatort unterhaltsam wie immer. NatĂŒrlich kann man ihn nicht 1:1 auf die RealitĂ€t ĂŒbertragen, dafĂŒr ist es ja Unterhaltung.

    1. Avatar von Anonym

      Warum Bockmist? Jetzt nach 2 Jahren, stellt sich da einiges als Wahrheit raus.

  4. Habe nach 10 Minuten ausgeschaltet. Sollten die Dialoge lustig sein?

  5. Avatar von Unknown
    Unknown

    Mein einstiger Lieblingstatort verkommt immer mehr zum Blödelfilm, ohne dabei wirklich originell oder lustig zu sein. Nicht nur die Figur von »Vadddern« auch die von Thiel, Boerne und »Alberich« sind leider bereits seit lĂ€ngerer Zeit auserzĂ€hlt. Wie schade, hatte ich mich doch in der Vergangenheit immer so sehr auf MĂŒnster-Tatorte gefreut.

  6. Avatar von WĂŒlfi
    WĂŒlfi

    Die Schauspieler können maximal so gut sein, wie das Drehbuch, was dieses Mal grottenschlecht war. Über die Story als solche kann man ja denken wie man will, aber man soll der Zuschauer doch nicht fĂŒr dumm verkaufen. Da beobachtet der Kommissar das Haus eines Kollegen, wird spontan zum Essen eingeladen und macht am Tisch eine Befragung – völlig unrealistisch. Als nĂ€chstes gibt es ein GesprĂ€ch zwischen StaatsanwĂ€ltin und Kommissar im Gerichtssaal der gerade gesĂ€ubert wird – etwas mehr PlausibilitĂ€t tĂ€te auch dem Lustigen Tatort gut. Apropos lustig, ich hatte im Vorfeld gelesen die Regisseurin hĂ€tte sich bei den Dreharbeiten schlapp gelacht – kann sich ja nur um Humor hinter den Kulissen gehandelt haben, ich, als alter MĂŒnster Tatort Fan, fand diesen Tatort alles andere als lustig oder humorig schade – das könnt ihr besser – sucht euch einen anderen Drehbuchautor!!

  7. Avatar von Unknown
    Unknown

    Also, je schlechter die Kritik der Expertenhaie, desto besser gefĂ€llt mir jeweils der Tatort. Dies war ein kurzweiliger, witziger, unterhaltender, typisch MĂŒnsterianer Tatort.

  8. Avatar von Unknown
    Unknown

    Bei dieser vernichtenden Kritik hĂ€tte Ludwigshafen/Folkerts eine 1/10 bekommen…somit wird der Eindruck bestĂ€rkt, dass der Autor immer lĂ€ngst mit Vorurteilen sein Werk beginnt.

  9. Avatar von LillyEkayana
    LillyEkayana

    Ich glaube, dieses Ermittler-Team hat seinen Zenit ĂŒberschritten. Man sollte langsam ĂŒberlegen, ob man das nicht besser einstellt, bevor es nur noch peinlich und unangenehm wird.

    1. Avatar von Unknown
      Unknown

      ach Lilly…da wĂ€re aber die TATORT-Damenwelt hochfrustriertundtraurig

  10. Avatar von Sunday56
    Sunday56

    Es war lustig aber so schlecht sorry aber bald ist der Tatort nur noch Legende

  11. Avatar von Unknown
    Unknown

    Super Film. Ich habe mich wirklich köstlich amĂŒsiert und ich denke, man merkt auch noch, dass er unter Corona gedreht wurde. Unsere Steuergelder sind gut angelegt. Wenn ich hier so manches lese, denke ich: die haben wohl was anderes gesehen…

  12. Avatar von Anonym

    Wie schwach war der denn,keine Spannung, schlechter Humor und keine schauspielerischen Glanzleistungen. DafĂŒr pro Kopf 100.000€? So schmeißt man unsere FernsehgebĂŒhren aus dem Fenster. Werde ich mir nicht mehr ansehen.

  13. Avatar von Anonym

    Wie schlecht war der denn? DafĂŒr 100.000€. Kann Mann auch nicht mehr schauen

    1. Avatar von Anonym

      Sie meinen wohl 1,5Mio aufwĂ€rts…

  14. Peinlich wie nie zuvor ein Tatort war. Absolute Sche….

    1. Avatar von Unknown
      Unknown

      SelbstverstĂ€ndlich immer der gleiche Sch… Daher ist ein "Tatort" aus MĂŒnster mit verkappten Komikern wie Liefers und Thiel ein No-Go.

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