Folge: 1124 | 15. März 2020 | Sender: rbb | Regie: Connie Walther
Bild: rbb/die film gmbh/Volker Roloff |
So war der Tatort:
Nicht ganz so perfekt wie die zwei Hitchcock-Klassiker Rope und Dial M for Murder – aber rein inhaltlich ist der elfte Fall der Berliner Hauptkommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) schon ziemlich nah dran.
Regisseurin Brigitte Maria Bertele (Die Pfalz von oben) erzählt in Das perfekte Verbrechen nämlich ebenfalls die Geschichte eines vermeintlich solchen: Im 1124. Tatort wird am helllichten Tag eine junge Studentin auf dem Gendarmenmarkt erschossen – und die Rekonstruktion des Tathergangs führt die Ermittler direkt in die „Berlin School of Law“, in der die vier Jurastudenten Theodor Quembach (Franz Pätzold, Der hundertste Affe), Friedrich Herrmann Falkenstein (Lukas Walcher), Wolfram Liere (Max Krause, Unklare Lage) und Ansgar Godlewsky (Johannes Scheidweiler) zur Tatzeit ein Colloquium abgehalten haben.
Ihr Kommilitone Benjamin Renz (Anton von Lucke, Familien), dessen Freundin Luise Kossen (Paula Kroh, Der kalte Fritte) mit dem Opfer verabredet war, wollte ebenfalls in die elitäre Studentenrunde aufgenommen werden und musste im Rahmen seiner dreiteiligen Aufnahmeprüfung eine Erörterung über Das perfekte Verbrechen abhalten. Doch welcher der fünf Studenten hat die Theorie in die Praxis umgesetzt?
Keine leichte Nuss, die Rubin und Karow zu knacken kriegen – zumal der Mörder sich einen Spaß daraus macht, die beiden mit hinterlassenen Spuren in die Irre zu führen.
KAROW:
Der Täter wollte, dass wir das Video finden. Der spielt mit uns.
Drehbuchautor Michael Comtesse (Dein Name sei Harbinger) setzt bei seiner vierten Arbeit für die Krimireihe auf eine reizvolle Kombination aus kniffligem Whodunit und klassischem Howcatchem – denn wenngleich schnell klar ist, dass nur einer der angehenden Juristen die Kommilitonin in Berlin-Mitte erschossen haben kann, bleibt doch lange Zeit unklar, welcher der durchtriebenen Burschen den Abzug gedrückt hat.
Durch ihren juristischen Background ergibt sich dabei ein sehr reizvolles Duell auf Augenhöhe: Die Studierenden halten eisern zusammen und wissen ganz genau, wo deutsche Paragraphen den Ermittlern Einhalt gebieten. Rubin und Karow, diesmal nur im Job und nicht nach Feierabend zu sehen, reizen ihren Spielraum wiederum konsequent aus und greifen zu Tricks, die sie den Job kosten könnten.
Bei den Begegnungen mit Theodor & Co. offenbaren sich aber einige Klischees im Drehbuch: Vier der fünf Studenten stammen aus bestem Hause und benehmen sich – in den Augen der Filmemacher offenbar folgerichtig – entsprechend hochnäsig. Für ihren teuren Anwalt Dr. Lutz Perner (Ulrich Brandhoff, Inferno), und das ist typisch für dieses Berufsbild im Tatort, gilt dasselbe in gesteigerter Form. Während andere Jungs in ihrem Alter netflixen, Sport treiben oder versuchen, Frauen abzuschleppen, bleiben die verwöhnten Rich Kids lieber in einer mondänen Grunewalder Villa unter sich, spielen Schach oder gehen auf die Jagd – wenn sie als Aufnahmeritual denn nicht gerade in einer Art „Fight Club für Arme“ einen bedauernswerten Obdachlosen auf Benjamin hetzen. Der wirkt als „Perle des Proletariats“ weitaus menschlicher und nahbarer.
Wurden studentische Verbindungen im Münster-Tatort Satisfaktion noch humorvoll persifliert oder im Freiburger Tatort Damian für ein cleveres Verwirrspiel genutzt, wirkt das Ganze hier bisweilen wie ein Ausflug in eine surreale Parallelwelt. Auf der Zielgeraden verliert der Krimi bei einer Kreuzung aus simulierter Gerichtsverhandlung und düsterem Maskenball dann endgültig die Bodenhaftung. Spätestens hier wirkt auch der großartige Peter Kurth (Angriff auf Wache 08) in seiner ansonsten angenehm gegen den Strich besetzten Rolle als renommierter Professor Liere nicht mehr ganz glücklich.
Ansonsten kommen vor allem Krimi-Puristen auf ihre Kosten, weil der Weg zur Auflösung Rubin und Karow diesmal alles abverlangt – hätten die Berliner Kommissare bei der Auswertung eines Videos allerdings schon bei der ersten Sichtung genauer hingesehen und nicht erst in den Schlussminuten, wären sie mit ihrer Arbeit deutlich schneller fertig gewesen. Dieser dramaturgische Taschenspielertrick ließ sich in den letzten Jahren schon häufiger im Tatort beobachten (zuletzt in Falscher Hase), wirkt aber immer ein bisschen konstruiert.
Rezension der vorherigen Folge: Kritik zum Tatort „Leonessa“
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