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Geisterfahrt

Folge: 1261 | 11. Februar 2024 | Sender: NDR | Regie: Christine Hartmann

Bild: NDR/Christine Schroeder
So war der Tatort:
Furtwänglergeprägt.
Denn dieser Tatort aus Niedersachsen trägt einmal mehr die Handschrift seiner einflussreichen Hauptdarstellerin: Maria Furtwängler setzt sich seit Jahren für mehr (ältere) Frauen in der Filmbranche und für die Aufklärung über das Thema Femizid ein, das auch schon der Göttinger Vor-Vorgänger National feminin aufgriff. Nicht von ungefähr zeichnet daher in Geisterfahrt erneut eine Frau für Regie und Drehbuch verantwortlich: Christine Hartmann (Kehraus), die das Skript zusammen mit Stefan Dähnert (Lenas Tante) schrieb, muss im Film eine ganze Menge unter einen Hut bekommen. Doch sie vermag es nicht immer, daraus auch einen spannenden Krimi zu stricken.
Da ist eine vermeintliche Amokfahrt, die kein Mordfall, sondern ein tragischer Unfall ist, weil der überarbeitete rumänische Paketfahrer Ilje Balan (Adrian Djokic) in eine Menschenmenge rast und eine Frau tötet. Gezeigt wird das nicht – das schont die Nerven und das Budget. Da ist die seit jeher nervtötende Dreiecksgeschichte, bei der Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) sich mit dem deutlich jüngeren Nick (Daniel Donskoy), dem Ehemann ihrer Partnerin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba), auf ein Schäferstündchen einlässt. Und da ist das Thema häusliche Gewalt: Tereza (Bibiana Beglau, Ich hab im Traum geweinet), die Ehefrau von Lindholms Vorgesetztem Gerd Liebig (Luc Veit), wird offenbar von diesem misshandelt.
Schon in der ersten Krimihälfte offenbart sich, dass sich im 1261. Tatort vieles in guten Ansätzen erschöpft, statt den Themen nachhaltig auf den Grund zu gehen. Zwei Monate nach der TV-Premiere des vielgelobten Kölner Krimis Des anderen Last widmet sich dieser zeitgleich gedrehte Tatort zunächst den Missständen in der von Ausbeutung und Zeitdruck geprägten Kurierbranche. Doch wirklich Neues gewinnt er dem Sektor nicht ab: Ja, Subunternehmer reichen die arbeitsrechtliche Verantwortung gern an weitere Subunternehmer weiter. Ja, die Fahrer werden schlecht bezahlt. Und ja, sie leben mitunter in ihren Fahrzeugen und pinkeln schon mal in Flaschen, wenn die Zeit für den Gang zur Toilette reicht. Das wissen wir schon.
Für seinen unglücklichen Sendetermin kann Geisterfahrt wenig. Doch die Filmemacher verlieren ihr einleitendes Kernthema nach 30 Minuten aus dem Blick, weil sie lieber etwas Anderes erzählen, das im Niedersachsen-Tatort schon unzählige Male illustriert wurde: Ja, Ü50-Frauen wie Charlotte Lindholm haben ein Liebesleben. Und ja, sie können für attraktive, verheiratete Ü30-Rechtsmediziner begehrenswert sein. Dass Lindholm gleichzeitig eine isolierte, wenig teamfähige Einzelgängerin ohne Privatleben ist, haben wir seit ihrem Dienstantritt im Jahr 2002 ebenfalls schon oft gehört – und hören es bei der Untersuchung des Unfallfahrzeugs im Beisein der KTU-Mitarbeiter Ciaballa (Jonas Minthe) und Kunkel (Roland Wolf) ein weiteres Mal.

SCHMITZ:
Wilde Nacht, hm?

LINDHOLM:
Och… Ich war noch mit ’ner Freundin unterwegs.

CIABALLA:

Seit wann hast du Freunde?


Auch Kommissar Zufall ermittelt in diesem Tatort fleißig mit: Der Kurierfahrer, der in die Menge rast, ist derselbe Kurierfahrer, der das Geburtstagsgeschenk auf der Feier von Gerd Liebig zustellt. Liebigs Frau Tereza spricht zufällig Rumänisch und arbeitet zufällig auf derselben Station der Uniklinik wie Krankenschwester Jutta Reichelt (Lea Willkowsky): Sie ist die Ehefrau von Mischa Reichelt (Christoph Letkowski, Der höllische Heinz), der als Subunternehmer der Spedition der Chef des rumänischen Fahrers ist. Und Lindholm und Schmitz besuchen zufällig zur selben Zeit allein dieselbe Bar, um danach in der Kiste zu landen. Ein bisschen sehr konstruiert alles.
Im Mittelteil verliert sich der Tatort auch immer wieder in privaten Scharmützeln, die sich mitunter kaum vom parallel laufenden ZDF-Kitsch abheben und die Spannung schmälern: Streitereien im Präsidium, Gewissensbisse am Morgen danach. Zugleich folgt das Handlungskonstrukt stets den üblichen Formeln der Krimireihe; nach der Intervention von Polizeipräsidentin Wiebke Kreuzer (Wiebke Puls) lässt sich ebenso die Uhr stellen wie nach der zweiten Tatort-Leiche, die pünktlich nach einer Stunde in ihrer Blutlache liegt.
Hätte man sich konsequenter auf das Verbrechen konzentriert, das sich im Hause Liebig abspielt, hätte aus Geisterfahrt ein unheimlich reizvolles, aufwühlendes Krimidrama werden können. Ein Tatort-Chef, dem daheim die Hand ausrutscht? Das ist starker Tobak und hätte allein schon einen ganzen oder gar mehrere Filme verdient gehabt. So bleibt es brisantes Stückwerk und ist im Göttinger Tatort nach dieser Folge samt dramatischem Finale wieder Geschichte. Der fünfte gemeinsame Einsatz von Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz ist nämlich der letzte: Lindholm geht zurück nach Hannover und Florence Kasumba kehrt der Krimireihe nach einem einmaligen Auswärts-Gastspiel den Rücken.
Bewertung: 5/10


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Kommentare

46 Antworten zu „Geisterfahrt“

  1. Das auffälligste an Frau Furtwängler ist ihr nichtssagender, immer gleiche Gesichtsausdruck. Gut, dafür kann sie wohl nichts, aber daß sie so eine Rolle bekommt ist schon interessant. An wem das wohl liegt…

  2. Ich verstehe nicht, warum der Rezensent dafür 5 Punkte gibt, wo er doch im Text den Film ziemlich zerreißt ?! Tatort 'Ludwigshafen' hätte bei ihm dafür 2 Punkte bekommen… (Ich habe diesen TATORT bewusst wegen Furtwängler NICHT eingeschaltet)

    1. Das war sicher die richtige Entscheidung. Der Film war wie immer nur auf die wichtigtuerische ex des Medienmoguls zugeschnitten.

  3. Ich habe das Gefühl, dass viele hier extrem hohe Erwartungen an jeden Tatort haben und dabei vergessen wie schwierig es ist ein Drehbuch zu schreiben, dass etwas Neues aufgreift, dazu noch ein gesellschaftliches Thema beleuchtet und obendrauf noch spannend und realistisch sein soll. Dieser Tatort war sicher nicht perfekt aber interessant und spannend auf jeden Fall.

    1. auf die gesellschaftlichen Themen kann ich bei einem Krimi gern verzichten. Die überlasse ich Anne Will usw.

  4. Gekünstelt und gewollt „anders“.
    Ich habe gerade einen Münchner Tatort von 2020 „Unklare Lage“ gesehen und dachte: DAS war ein TAT-ort und kein psychosomatisches Drama, wo der Hergang fast ausschließlich ein Profil der Ermittler zeichnet. Nervig! Es sollte nicht jeder Dödel ein Drehbuch durchreichen dürfen. „Ach suuper- das ist mal was Neues, was erfrischend Anderes!“ Nein!

    1. bend auf RBB auch gesehen. Der war einfach Klasse! Gucke seit geraumer Zeit lieber auf den dritten Programmen alte Tatort-Wiederholungen, als den Mist am Sonntagabend…

  5. Super Tatort!

  6. Leider die Frau Furtwängler mittlerweile die Garantie für Langweile! Wie oft hat sie schon „Bockmist“ gemacht, Tränchen verdrückt und dann weitergemacht wie immer? Ob es nun an ihrer alten Wirkungsstätte besser wird? Sie sollte lieber in Ruhestand gehen und den einen oder anderen angekündigten Ruheständler weitermachen lassen.

  7. Wie es Frau Furtwängler schafft, die Rolle CL nach 22 Jahren immer noch schlecht zu spielen, ist mir ein Rätsel. Kann doch nicht nur am Script liegen.

    1. Sie ist absolut talentbefreit. Da is nix..

    2. Frau Furtwängler ist definitiv überhaupt keine Schauspielerin. Ohne die inzwischen aufgöste Ehe mit Herrn Burda hätte sie noch nicht mal einen Werbeauftritt für die Einschlafpillen bekommen.

  8. Na ja, ging halbwegs. Der prügelnde Kommissar, irgendwie unpassend. Wie so oft, zu viel Persönliches über die Ermittler. Aufputsch-Pillen für die Paketfahrer? Die guten alten Tatort-Zeiten sind wohl endgültig vorbei.

  9. Das war ein hervorragender Tatort, bisher der beste Tatort aus Göttingen mit einer überragenden Maria Furtwängler. Der Tatort war spannend vom Anfang bis zum Schluss und das Thema Häusliche Gewalt wurde sehr realistisch aufgezeigt, auch die systemischen Mechanismen, die Täterinnen und Täter schützen. 10 von 10 Punkten.

  10. Sehr gut. Von der ersten bis zur letzten Minute

  11. Wie lange müssen wir diese eingebildete Selbstdarstellerin noch ertragen.

  12. Furtwängler schauspielerisc ok. Leider wirkten manche Leistungen von Kollegen als wenn auswendig gelernter Text einfach nur aufgesagt wurde. Furchtbar!

  13. Sehr guter Tatort,ein Thema,das der Realität sehr Nahe kommt

  14. Gute Kritik. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

  15. Super Tatort! Brennende und beklemmende Themen aufgegriffen. Starke weibliche Hauptfiguren.

  16. Ich finde es schade, dass der Tatort hier so hart rangenommen wird. Kein klassischer Krimi, aber es kann ja auch nicht immer alles nach dem gleichen Schema X gedreht werden. Die Themen sind aktuell und relevant. Ich fand diesen Tatort gut.

  17. Was für eine Scheiße! Dachte ich probiers mal wieder, aber nein!

  18. Frau Furtwängler ist eine sehr gute Schauspielerin, wie alle anderen auch.
    Thema-Wiederholung? Na und? Unterschiedliche Ansätze. Man kann auch über alles meckern…
    Hauptsache man findet etwas zum Schreiben, oder?

  19. Mir hat es sehr gut gefallen. Zwei unterschiedliche Fälle in einem Tatort.
    "Zum Einschlafen" und "als Schlafmittel" hat es gereicht? Aber rechtzeitig noch negative Kommentare abgeben…lächerliche Kritiken…seid wenigstens kreativer.

  20. Endlich wieder mal ein Tatort, der den Daumen hoch verdient. Kompliment an Frau Furtwängler! Ich mag sie einfach

  21. Die ARD-Tatort-Dramaturgie verwundert etwas: Vor Kurzem war das Thema Paketdienste schon in Köln Thema des Tatorts.

  22. Das war kein Krimi, sondern eine komplexe Anhäufung von Lebensthemen, ineinander verwurschtelt. Nicht mein Anspruch an einen guten Tatort!

  23. Sehr guter und betroffen machender Tatort..komplex und stark.

  24. Genial, dass mal eine Ü50 Frau einen Ü30 Mann knallt ..sehr albern, darüber zu reden. Im umgekehrten Fall, wird darüber kein Wort verloren…GaLiGrü

  25. So muss ein Tatort sein. Klasse gemacht !!!

  26. Ich bin so traurig , dass ich so viel Lebenszeit verschwendet habe …. War einfach nur schlecht . Besonders die „Schauspielerin“ Furtwänglerin war , wie zu erwarten , schlecht .

    1. Furtwängler war genial!

    2. Wie lang der Arm des Getrennten doch in die Redaktion reicht. Dann muss die Getrennte kein Talent haben und behält den Job trotzdem.

  27. Ich fands gut. Bisschen zu komplex, aber ok

  28. Leider reiht sich auch dieser Tatort in die Schlange schlecht inszenierter Vorgänger ein.
    Die Zeiten wohl vorbei … Aber zum einschlafen hat’s gereicht

  29. Wenn nicht bald mal wieder ein Tatort kommt der auch den Namen verdient, dann werd ich doch noch der ARD die kalte Schulter zeigen !

  30. Sehr gut .Daumen hoch .

  31. Sendung mit der Maus ist spannend er.

  32. Oh Mann bzw. Frau! 90 Minuten Selbstdarstellung von Frau Furtwängler mit Botschaft für den alten weißen Mann.
    Kriminalgeschichte: Fehlanzeige
    Danke für nichts…

    1. Botschaft an einen alten weißen Mann, dargeboten von einer alten blondierten Frau.

    2. Selbstdarstellung: genau aus diesem Grund schalte ich Furtwängler-Tatorte seit Jahren (!) nicht mehr ein – konsequent !!

    3. Ich bin da leider immer wieder inkonsequent, obwohl bei uns alle zuhause und im Büro stöhnen wenn Furtwängler mitspielt.. ich versuche es immer wieder. Und dann sucht man immer nach einer Regung in ihrem Gesicht- irgendetwas- aber da ist nichts.. diesmal war es das letzte Mal. Definitly.

  33. Das war kein Tatort, denn dann wäre es ja ein Krimi gewesen.
    Ein Drama hab ich nicht erwartet.
    Wir müssen stark bleiben, irgendwann klappt’s vielleicht ja auch mal wieder mit einer ganz starken Folge. Meine Hoffnung gebe ich nicht auf.

  34. Exzellentes Schlafmittel.

    1. Aber keiner hat gemerkt, das eine Szene in Hamburg gedreht wurde? Das war als Herr Liebig die Fotos mit den Verletzungen seiner Frau von den Subunternehmer vom Paketdienst DDP bekommen hat. Zu erkennen war das Bahnviaduckt in Hamburg-Hammerbrook.

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