Folge: 823 | 8. Januar 2012 | Sender: WDR | Regie: Kaspar Heidelbach
Bild: WDR/Uwe Stratmann |
So war der Tatort:
Aufgestockt – und zwar um eine ermittelnde Person.
Doch der Krimititel Keine Polizei lässt es bereits erahnen: Die Kölner Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) erhalten bei ihrem 52. gemeinsamen Einsatz nicht etwa prominente Unterstützung aus Kreisen der Kripo, sondern von Psychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler), die Ballauf 2009 in Mit ruhiger Hand wegen dessen vermeintlicher Alkoholsucht therapierte und 2011 in Altes Eisen sogar mit ihm das Bett teilte.
Rosenberg ist damit – eingefleischte Simpsons-Fans wissen, wovon die Rede ist – so etwas wie der Poochie im 823. Tatort: eine dritte Hauptfigur, die eigentlich niemand braucht, die aber ein bisschen Stimmung in die Bude bringen soll, weil der Krimi aus der Domstadt seit Jahren auf der Stelle tritt und sich außer Freddys Familienbande kaum mehr etwas weiterentwickelt.
Der einzige, den Rosenbergs Auftritt aber wirklich zu tangieren scheint, ist Staatsanwalt von Prinz (Andreas Tasche), der sich Sorgen um „die Chemie“ im Ermittlerteam macht und dafür von Assistentin Franziska Lüttgenjohann (Tessa Mittelstaedt) die gleiche Reaktion erntet wie vom Zuschauer: ein dickes Fragezeichen auf der Stirn.
Rosenbergs Auftritt, der vor allem im Vergleich zum ehemaligen Kieler Tatort-Duo Borowski/Jung in Sachen Dynamik und unterschwelliger Anmache deutlich abfällt, fällt viel zu handzahm aus und bringt die Geschichte eigentlich keinen Deut voran. Die Blondine hat kaum mehr als ein paar Sätze Küchentischpsychologie im Petto und wirkt bei ihren halbherzigen Flirts so interessiert wie ein Stück Toastbrot. Immerhin: Rosenberg verlässt die Szenerie noch während der obligatorischen Currywurst am Rheinufer wortlos.
Sieht man von Nobert Ehrys (Liebe am Nachmittag) Versuch, das Drehbuch mit dieser zusätzlichen ermittelnden Person ein wenig aufzupeppen, einmal ab, weiß Keine Polizei aber sehr solide zu unterhalten: Statt eines klassischen Whodunits inszeniert Regisseur Kaspar Heidelbach (Klassentreffen) einen kniffligen Entführungsfall, bei dem der einleitende Leichenfund im Park nur dazu dient, den Einsatz der Mordkommission überhaupt zu rechtfertigen.
Der Zuschauer ist Ballauf und Schenk oft einen Schritt voraus, weil die maskierten Täter und das bedauernswerte Opfer Daniel Wächter (Janusz Kocaj) mit vielen kommissarfreien, hochspannenden Szenen bedacht werden (beispielsweise einer atemberaubenden Flucht über die Häuserdächer). Verdächtige – von Fahrschullehrer Hajo Thom (Peter Harting) über Oldtimer-Fan Karg (Robert Gallinowski, Wegwerfmädchen) bis hin zum eigenen Vater (Thomas Heinze, Borowski und der freie Fall) – gibt es zuhauf, so dass bis zum Schluss fleißig mitgerätselt werden darf, welches Duo die Sache ausgeheckt hat und warum.
Dass einige Dialoge seltsam hölzern wirken, mindestens zwei Netto-Minuten zuviel geschluchzt wird und Oliver Bröcker (Kalte Wut) in der Rolle des ehemaligen Entführungsopfers Elmar Thom bei mehreren emotionalen Eruptionen unfreiwillig komisch wirkt, ist dabei zu verkraften: Die abschließende Schnitzeljagd durch Köln, bei der Geldbote Ballauf auf sich allein gestellt ist, ist eine tolle Entschädigung für die genannten Schwächen.
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