Bild: WDR/Thomas Kost

Made in China

Folge 1286

26. Dezember 2024

Sender: WDR

Regie: Jobst Christian Oetzmann

Drehbuch: Wolfgang Stauch

So war der Tatort:

Chinesisch.

Schon der elektrisierende Auftakt von Made in China entführt uns nämlich direkt in eine Welt aus Ramen-Suppen, Sojasaucen und Winkekatzen: Die blutüberströmte und völlig paralysierte Vanessa Haiden (Klara Lange) betritt einen Asia-Shop und stammelt wirres Zeug – offenbar hat sie ihren Vater Jo Haiden (Gerhard Roiß, Lakritz), der geschäftlich oft ins Reich der Mitte reiste, erstochen und die Leiche samt Tatwaffe verschwinden lassen. Aber sagt die junge Tatverdächtige, die rein optisch einer Geisterbahn oder einem Horrorkabinett entsprungen sein könnte, die Wahrheit? Und wenn ja: Wo sind das Messer und der Tote?

Diese und viele weitere Fragen gilt es für das neuformierte Team um Peter Faber (Jörg Hartmann), Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und die bereits in Cash neu zur Truppe gestoßene Ex-LKA-Ermittlerin Ira Klasnic (Alessija Lause) herauszufinden – doch dabei benötigen sie wohl oder übel kriminaltechnische Unterstützung. Blutspuren wollen gefunden, DNA-Merkmale untersucht und Speicherchips aus dem Haus des Verschwundenen analysiert werden. Und dafür ist in Dortmund immer noch ein Mann zuständig, der eine Rechnung mit Faber offen hat: Sebastian Haller (Tilmann Strauß) verschuldete in Liebe mich! den Tod von Martina Bönisch (weitere Informationen). Er ist Fabers Erzfeind.

So steht das erste Drittel der 1286. Tatort-Folge, bei dem die tatverdächtige Vanessa befragt und in eine geschlossene Psychiatrie überwiesen wird, dann auch ganz im Zeichen interner Reibungen: Während sich Faber und Herzog nach dem Abschied von Jan Pawlak (Rick Okon) in Cash nun ein mit markigen Dialogen gespicktes Kompetenzgerangel mit Klasnic liefern (bei dem die „The Boss“-Kaffeetasse erneut als Running Gag fungiert), feinden sich Faber und Haller pausenlos an. Man traut sich keinen Zentimeter über den Weg und lässt den Anderen seine Abneigung permanent spüren. Das ist anstrengend, aber sehr typisch für die Krimis aus Westfalen: Heile Welt ist einfach ausgeschlossen.


FABER:
Chapeaux, Haller! Immer auf dem neuesten Stand, hm?

HALLER:
Die eine oder andere Fortbildung würde Ihnen auch gut tun, Faber. Zum Beispiel: „Wie beschütze ich das Leben meiner geliebten Kollegin?“

FABER:
Früher oder später sind Sie auch tot. Ich gehe mal von früher aus.

Drehbuchautor Wolfgang Stauch (Diesmal ist es anders) liefert uns in Made in China zwar eine Täterin auf dem Silbertablett – weil die Indizien gegen die angeblich an dissoziativer Amnesie leidende Vanessa aber viel zu erdrückend sind, wäre es zu einfach, sie zur Tatort-Mörderin zu machen. Schnell offenbart sich, dass andere Personen in diesem clever konstruierten Whodunit ohne Leiche als Täterin oder Täter infrage kommen: Sophia Haiden (Marie-Lou Sellem, Ein paar Worte nach Mitternacht), die Gattin des Verschwundenen, oder ihr Cousin Stephan (Francis Fulton-Smith, Todesfahrt), der ein Auge auf sie geworfen hat und als Personalchef in derselben schwächelnden Stahldynastie tätig ist wie das Opfer und der Rest der Fabrikantenfamilie.

Für seine angesichts der schon im Advent ausgestrahlten Weihnachtsfolgen Stille Nacht und Fährmann rätselhafte Terminierung am 2. Weihnachtstag kann der Sommerkrimi aus dem Ruhrpott wenig, doch für das Publikum ist sie gleich dreifach ärgerlich. Regisseur Jobst Christian Oetzmann (Mord unter Misteln) bedient sich nämlich mehrfach eines erzählerischen Stilmittels, das nicht nur im achtzehn Tage zuvor ausgestrahlten Bremer Tatort Stille Nacht, sondern auch im elf Tage zuvor gesendeten Münster-Tatort Man stirbt nur zweimal verwendet wurde: Mögliche Tathergänge werden im Beisein der Ermittelnden visuell durchgespielt – ein zweifellos reizvolles, durch die Dopplungen binnen weniger Tage aber kurzfristig abgegriffenes Rezept. Eine Villa aus Man stirbt nur zweimal dient zudem erneut als Schauplatz.

Made in China macht trotzdem Spaß, denn in der zweiten Hälfte drücken die Filmschaffenden aufs Gaspedal: Wenngleich internationale Verwicklungen und ausländische Feinde (hier: der chinesische Geheimdienst) in der Regel ein bis zwei Nummern zu groß für die Krimireihe sind und oft die Glaubwürdigkeit vermissen lassen, funktioniert die Geschichte diesmal gut. Sie verliert selten die Bodenhaftung. Einer eher müden Verfolgung zu Fuß und auf dem Rad folgt eine deutlich originellere Jagd auf eine Drohne. Und auch für Rosa Herzogs inzwischen inhaftierte Mutter Susanne Bütow (Esther Zschieschow) findet sich im Drehbuch ein gewinnbringendes, wenn auch konstruiert anmutendes Plätzchen.

Ansonsten kennzeichnet den Krimi aus dem Ruhrgebiet das, was auch viele andere Folgen mit Faber & Co. ausmachte: Die zwischenmenschlichen Nebenschauplätze brauchen ihre Zeit, die dem Kernfall und einer späteren Entführung an anderen Stellen fehlt. Dennoch überzeugt der Krimi auch auf der Zielgeraden mit einem überraschenden Twist und einer pfiffigen Auflösung. Und es bleibt sogar noch eine Minute für ein rührendes Wiedersehen mit Fabers dementem Vater Josef (Wolfgang Rüter), den wir bisher nur in Du bleibst hier kennenlernten – und für eine denkwürdige Erläuterung der magischen Faberschen Parkakräfte.


HERZOG:
Wollen Sie den Parka nicht mal ausziehen?

FABER:
Ha! Frau Herzog, wie lange kennense mich jetzt schon? Hab‘ ich jemals meinen Parka ausgezogen? Nee. Der ist wie Hundefell. Der schützt bei Kälte und Hitze. Und bei Arschloch Haller.

Bewertung: 7/10


Kommentare

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25 Antworten zu „Made in China“

  1. Wieder ein sehr guter Tatort, wie eigentlich immer in den letzten Wochen. Macht Spaß! 😊👍🏻

  2. Warum eine Drohne per Auto verfolgen? Albern, weil sie eben auch dort fliegen kann, wo Autos nun mal nicht fahren können.

  3. Avatar von Stefan W.

    Die Geschichte mit dem initiieren Mord kann man machen. Damit habe ich kein Problem.

    Sorge bereitet mir hingegen die Art und Weise wie Kollegen mit einander umgehen.
    Auch personelle Entscheidungen sind mit Anstand tolerierbar.
    Kann und will mir diese Verrohung eigentlich nicht vorstellen. Finde es auch weder cool und schon gar nicht witzig !

    Ich wünsche und erwarte mir gegenseitigen Respekt.

  4. Dortmund weiter on fire! Alessija Lause hat Format und passt da gut rein! Apropos „rein“ … „Stefanie Reinsperger wird immer mehr zum Herz des Dortmunder Tatorts, bockstarke Leistung. Und Faber? 😍 Ach ja, der Fall: vielleicht etwas konstruiert, aber aufgrund der durchweg sehr guten Leistungen der Schauspieler*innen dann doch wieder sehenswert.

  5. Ein Tatort ohne Mord – das war wohl nix – und da wären auch noch ungeklärte Fragen: 1. Wer war die Kapuze, die am Anfang Faber mit dem Elektrostab ausgeschaltet hat? 2. Warum versteckt Fabers Arschloch-Kollege den zweiten Stick in einer Dose im Labor? – Was kommt als nächstes? Ein Banküberfall bei dem nichts gestohlen wird?

  6. Avatar von Frau Angelika Jensen
    Frau Angelika Jensen

    Tschüss Faber und Herzog auf nimmer Wiedersehen, das war Müll in Perfektion 😡

  7. Wie immer ein toller Tatort. Vielen Dank dafür!!

  8. An den Haaren herbeigezogen und konstruiert! Nette Besetzung, aber schlechtes Drehbuch. Der erste Tatort bei dem ich eingeschlafen bin.

  9. Der Anfang war noch ganz gut, aber das Ende hat mich leider überhaupt nicht abgeholt. 6/10

  10. ein guter Tatort aus Dortmund! 7-8/10
    fand ihn durchaus sehenswert; war heute ein gutes Abendprogramm.

  11. Dieser Tatort wahr endlich mal wieder eine sehr sehenswerte Ausgabe. Für ein Dortmund-Tatort echt Spitze. 8 von 10 Sterne

  12. Und für solch geistlosen Dreck muss ich auch noch GEZ bezahlen…

    1. Immer dieser Quatsch mit den Gebühren. Langsam wird’s langweilig mit diesem albernen Blödsinn.

  13. War schon spannend. Aber am Schluß gings mir wie Faber-fühle mich verarscht.

  14. Früher waren Dortmunder Tatorte Garant für Spannung. Was uns heute geboten wurde, hat spannend angefangen und dann wurde mehr oder weniger nur gelabert. Ein Lichtblick ist Fabers neue Kollegin. Die fand ich sehr erfrischend. Sonst, fast nur kaputte Typen. OK, die letzte Szene mit Fabers Vater war zum Brüllen.

  15. Am 08.08.22 wurde in Dortmund der 16 jährige Mouhamed Dramé von der Polizei mit einem Messer in der Hand ermordert.
    Was sollen die Angehörigen denken, wenn sie die Anfangsszene dieses Tatorts sehen?

    1. 2 Jahre her und jetzt darf man keine Messer mehr zeigen – so ein Blödsinn. Es wird ja niemand gezwungen sich den Film anzuschauen.

    2. Avatar von Luisa Ems

      Was soll diese blöde Frage? Die sollen darüber nachdenken, was für ein asoziales A…..sie da auf die Menschheit losgelassen haben.

    3. Was bist denn du für ein Clown?

    4. was hat denn das eine mit dem anderen zu tun du Witzbold.

    5. Was soll denn dieser Unsinn.

    6. Vor 3 Wochen wurde bei uns im Ort ein siebenjähriges Kind überfahren und tödlich verletzt. Auch dieses Kind hatte Eltern. Darf man deswegen jetzt keine Filme mit Autos oder mit Kindern mehr zeigen ? Was für ein Totalschwachsinn.

  16. bissl bulshitt.

  17. Der größte Müll den ich je gesehen habe.

    1. Avatar von David Prießnitz
      David Prießnitz

      Die visuell zur Schau gestellten und erzählten Tathergänge der Kommissare…wirken etwas befremdlich. Und wurden und als Zuschauer jetzt zum dritten mal hintereinander präsentiert. Man darf sich daher als Tatort Fan schon die besorgte Frage stellen ob das jetzt bei jeder Folge so sein wird? Ich persönlich hoffe nicht. Ansonsten fand ich den Dortmunder Tatort sehenswert und gut gemacht. Faber und Herzog…das passt einfach…

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