Eine Weile liefert der Tatort passable Krimi-Unterhaltung, denn er beginnt – blenden wir die Auftaktsequenz aus – als geerdeter Whodunit: Dem Auffinden des toten Prälaten und Erkenntnissen von Rechtsmediziner Werner Kreindl (Günter Franzmeier) folgen die üblichen Befragungen im Umfeld des Toten. Und die übliche Geheimniskrämerei: Vom zugeknöpften Erzdiözese-Pressesprecher Wilfried Schüssler (Markus Schleinzer,
Virus) und dem kühlen Kaplan Raimund (Lukas Watzl, spielte im eine Woche zuvor ausgestrahlten
Murot und das Gesetz des Karma ebenfalls eine Nebenrolle) ist ebenso wenig Hilfe zu erwarten wie von Theologie-Professorin Tea Berkovic
(Angela Gregovic,
Deckname Kidon), die ihre Dissertation über Exorzismus geschrieben hat.
Es folgen: Die obligatorische Verfolgungsjagd, hier: durch ein Treppenhaus. Blutstropfen an einer Fensterscheibe, die die flüchtende Gestalt in Schwarz hinterlässt. Und wenig aufregende, paranormale Phänomene in Fellners Wohnung, die offenbar mit ihrem Alptraum in Verbindung stehen. Und dann folgt: der wohl denkwürdigste Auftritt der jüngeren Tatort-Geschichte.
Die offenbar vom Teufel besessene Nathalie
(Maresi Riegner, spielte wenige Monate zuvor im Münchner Tatort
Wunder gibt es immer wieder ironischerweise eine angehende Nonne) ernährt sich am liebsten von Hundefutter (!) und hat sich beim ermordeten Geistlichen und dem Psychotherapeuten August Sittsam
(Sven Eric Bechtolf,
Der schwarze Skorpion) in Behandlung begeben. Als die Ermittler ihr auf die Pelle rücken und sie das erste Mal mit verzerrter Dämonenstimme „DU FOTZE! FICK DICH!“ durchs Präsidium brüllt, ist es dann um den Film und jeden Realitätsanspruch geschehen: Das ist
Der Exorzist für Arme, das ist das Tatort-Pendant zur 12-jährigen Regan (Linda Blair), die in den 70er Jahren mit obszönen Verbalattacken und kolossaler Kotzerei Kinogeschichte schrieb.
Hier wirkt das leider nicht furchteinflößend, sondern unfreiwillig komisch – was auch daran liegt, dass die Filmemacher keinen stringenten Erzählton finden. Was uns im einen Moment erschrecken soll, wird schon im nächsten ironisiert. Der Tatort konterkariert sich selbst. Da nützt es wenig, dass Eisner die Teufel-und-Tor-Theorie zunächst skeptisch sieht; irgendwann nimmt auch er alles Übernatürliche für bare Münze. Und dass es einleitend heißt: „Nach Aufzeichnungen des Wiener Kriminalbeamten Emil R.“. Eine abstruse Geschichte, die auf Aufzeichnungen basiert, bleibt eine abstruse Geschichte.
Man muss mutige Tatort-Experimente – dieses Wortspiel sei gestattet – nicht gleich verteufeln, zumal die ARD sie
nach heftiger Kritik reduziert hat. Aber sie können auch scheitern. In Wien hat man das in dieser Extremform noch nicht erlebt – und so ist
Das Tor zur Hölle nicht nur der ausgefallenste, sondern auch der mit Abstand schlechteste Eisner-Tatort.
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