Folge: 1067 | 7. Oktober 2018 | Sender: WDR | Regie: Maris Pfeiffer
Bild: WDR/Thomas Kost |
So war der Tatort:
Kampfsportlich.
Denn das neu formierte Dortmunder Quartett um Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Jan Pawlak (Rick Okon) verschlägt es bei seinem ersten gemeinsamen Einsatz in die illegale Mixed-Martial-Arts-Szene – und dort beweist vor allem Debütant Pawlak, dass sein gefährlicher Undercover-Einsatz in der JVA im Vorgänger Tollwut nicht von ungefähr kam.
Der Dortmunder Neuzugang, der in Tod und Spiele offiziell die Nachfolge des im Meilenstein Sturm ausgeschiedenen Daniel Kossik (Stefan Konarske) antritt, geht wieder dahin, wo’s weh tut: Er ermittelt verdeckt im Fight Club von Till Koch (Robert Gallinowski, Level X), weil in einer leerstehenden Fabrik am Stadtrand die verbrannten und noch zu Lebzeiten schlecht verheilten Knochen eines Mannes gefunden wurden, der dort mutmaßlich trainiert hat – und außerdem bei illegalen Wettkämpfen angetreten ist, bei denen es um Leben, Tod und viel Geld ging.
Dabei ist Pawlak gar nicht der Draufgänger, für den man ihn zunächst halten sollte: Anders als Faber, Bönisch und Dalay ist er bei den Ermittlungen um Harmonie bemüht und macht pünktlich Feierabend. Das birgt ebenso Zündstoff wie sein Dienstgrad Hauptkommissar, der der jungen Oberkommissarin Dalay überhaupt nicht in den Kram passt. Und anders als seine Kollegen hat der Mann sogar (noch) Familie.
PAWLAK:
Ich hab selbst ’ne Familie. Bin ich offenbar der Einzige hier?
FABER:Das gibt sich auch noch, wenn Sie nur lange genug bei uns bleiben.
Schon beim Aufarbeiten der hierarchischen Diskrepanz zwischen Pawlak und Dalay offenbart sich eine der größten Schwächen dieses Krimis, die in den sonst so überzeugenden Tatort-Folgen aus Dortmund bisher nur selten zu beobachten war: Die zwischenmenschlichen Konflikte und launigen Sprüche lassen die Natürlichkeit bisweilen vermissen und entwickeln sich oft nicht aus den Charakteren heraus, sondern wirken wie vorgegeben. Dass Drehbuchautor Jürgen Werner (Zahltag), der den Großteil der bisherigen Fälle konzipiert hat, das Ruder diesmal seinem Kollegen Wolfgang Stauch (Côte d’Azur) überlässt, ist spürbar.
Die Spannung köchelt auf Sparflamme, wenngleich neben Pawlaks Beschattung von MMA-Trainer Abuzar Zaurayev-Schmidt (Surho Sugaipov, Dunkle Zeit) noch ein zweiter Undercover-Einsatz für eben jene sorgen soll: Bönisch quartiert sich unter falschem Namen in einem Hotel ein und bandelt dort mit dem Oligarchen Oleg Kombarow (Samuel Finzi, bekannt als Gerichtsmediziner Dr. Stormann aus dem Kieler Tatort) an, der bei den Kämpfen viel Geld aufs Spiel setzt und am liebsten Borussia Dortmund kaufen würde. Wirklich mitzureißen vermag aber auch dieser Handlungsstrang selten, wenngleich sich Kombarow vom Klischee des schmierigen Russen mit viel Geld und wenig Skrupeln emanzipieren darf.
Fast gänzlich verschenkt wird dafür eine Figur, die eigentlich großes Potenzial mitbringt: Der verängstigte kleine Junge (Cecil Schuster), den Faber im Hotelzimmer des Toten findet und scherzhaft „Kleinkhan“ tauft, darf die Ermittler zu Beginn zwar mit seinem hartnäckigen Schweigen aus der Reserve locken, wird später aber einfach vorm PC geparkt und damit als Figur fallengelassen, um dann beim Showdown plötzlich wieder einzugreifen.
Während die Realitätsnähe – die Kripo lässt den Jungen tagelang ohne Wissen des Jugendamts im Büro auf dem Fußboden schlafen – im 1067. Tatort erschreckend klein geschrieben wird, klaffen anderswo riesige Logiklöcher: Hätten die Ermittler einfach mal Kleinkhans Kleidung untersucht, wäre der Fall schon viel früher gelöst gewesen.
So sind der größte Pluspunkt in Tod und Spiele am Ende die tollen Szenen mit Faber und Bönisch: Wenn sich die beiden heimlich auf der Damentoilette treffen, über die nötigen Grenzen ihrer Umtriebigkeit streiten oder sich Faber zähneknirschend eingesteht, dass er seine Kollegin nicht nur als Fachkraft schätzt, ist der Dortmunder Tatort voll in seinem Element.
Bissige Wortgefechte allein machen aber noch keinen guten Krimi, denn auch die Inszenierung von Maris Pfeiffer (Verdammt) enttäuscht: Besonders künstlich wirkt neben einem fast unfreiwillig komischen K.O. im Präsidium auch der Showdown, bei dem der Funke von den Kämpfern nicht recht auf die Besucher überspringen will.
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