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Mord Ex Machina

Folge: 1041 | 1. Januar 2018 | Sender: SR | Regie: Christian Theeden

Bild: SR/Manuela Meyer
So war der Tatort:

Seriös.

Und das ist durchaus als Kompliment zu verstehen: Vorbei sind die Tage, in denen Knalltüten-Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) mit bunten Wickelhosen, Riesenhelm und Riesenbrille auf seinem roten Roller durch Saarbrücken raste – und vorbei sind zum Glück auch die Tage, in denen der Saar-Tatort wie in Melinda oder Eine Handvoll Paradies zur mittelschweren Krimi-Katastrophe geriet.

In Mord Ex Machina – dem vorletzten Fall mit Striesow – ermittelt Stellbrink mit einer Seriösität, die man dem einstigen Chaos-Cop kaum noch zugetraut hätte. Und während es dem ebenfalls bodenständigen Vorgänger Söhne und Väter trotz guter Ansätze an einem überzeugenden Drehbuch mangelte, ist auch die Geschichte diesmal ordentlich: Die Tatort-Debütanten Hendrik Hölzemann und David Ungureit beschäftigen sich in ihrem Skript ausführlich mit dem Thema Big Data – ganz neu ist das allerdings nicht, denn die Gefahren der Datenspeicherung wurden auch schon im schwachen Bremer Tatort Echolot oder im futuristischen Stuttgarter Tatort HAL aufgearbeitet.

In Mord Ex Machina schießt nun Sebastian Feuerbach (Nikolai Kinski, Rache-Engel), der Justiziar des IT-Unternehmens Conpact, spektakulär mit seinem Wagen über eine Brüstung – der Autopilot seines Fahrzeugs ist außer Kontrolle geraten. Sein eigener Arbeitgeber hatte den Prototypen mit der nötigen Technik ausgestattet und dabei reichlich Daten gesammelt: Die aufstrebende Firma von Victor Rousseau (Steve Windolf, Alles hat seinen Preis) ist auf Big Data spezialisiert und hatte außerdem die smarte Hackerin Natascha (Julia Koschitz, Großer schwarzer Vogel) damit beauftragt, das System auf Schwachstellen zu prüfen. Die schleust ihre Signatur dank einer Sicherheitslücke mühelos ein und stürzt den verdutzten Stellbrink bei dessen Befragungen von einer Verlegenheit in die nächste.


STELLBRINK:
Sie sprachen von der Signatur. Wie sieht die aus?

NATASCHA:
Ich schick sie Ihnen per Mail.



STELLBRINK:
Aber Sie haben meine Mailadresse nicht.

NATASCHA:
Ich schick sie Ihnen per Mail.

Das Tatort-Jahr 2018 startet mit einem soliden Whodunit und stimmt trotz einiger Klischeefallen und Stellbrinks komplett überzogener Moral von der Geschicht‘ nachdenklich: Wenn die charismatische Natascha nach einer kurzen Recherche fast mehr über die letzten Jahre im Leben des Kommissars weiß als der selbst, überlegt man sich zukünftig vielleicht genauer, welche privaten Details man mit der Online-Welt teilen möchte.

Die opportunistisch-aufreizende Lisbeth Salander-Variation entpuppt sich zugleich als vielschichtige Antagonistin – und auch Firmenchef Rousseau wirkt bei weitem nicht so überzeichnet wie viele seiner IT-affinen Vorgänger in der jüngeren Tatort-Geschichte (man denke nur an das wandelnde Start-Up-Klischee Magnus Cord im schwachen Dresdner Tatort Level X).

Was der 1041. Tatort-Ausgabe zu einem wirklich gelungenen Cyber-Krimi fehlt, ist allerdings ein funktionierendes Ermittlerteam: Schon die Eröffnungssequenz macht deutlich, wie sehr sich die Hierarchie im Saarland mittlerweile verschoben hat. Zuerst leuchtet dort Striesows Name auf – doch dann folgt nicht etwa das Saarbrücker Stammensemble, sondern es folgen die Schauspieler, die in Mord Ex Machina die Verdächtigen spielen. Hauptkommissarin Lisa Marx (Elisabeth Brück) steht im SR-Tatort komplett auf dem Abstellgleis, denn gemeinsam mit Kommissarsanwärterin Mia Emmrich (Sandra Maren Schneider), Spurensicherungsleiter Horst Jordan (Hartmut Volle) und Staatsanwältin Nicola Dubois (Sandra Steinbach) ist sie nur noch eine von vier austauschbaren Kollegen, die Stellbrink einfach im Präsidium lässt, wenn er auf dem Motorrad zur nächsten Befragung düst. Selbst bei den wenigen gemeinsamen Teamszenen will es aber noch immer nicht richtig flutschen: Die Dialoge klingen geplant und aufgesagt, vieles wirkt verkrampft und nur wenig natürlich.

Auch ästhetisch ist im siebten Stellbrink-Tatort nicht alles Gold, was glänzt: Regisseur Christian Theede und Kameramann Simon Schmejkal (Totenstille) fangen das Geschehen zwar vor stylish-sterilen Kulissen und in auffallend kalten Farben ein, die ihrem modernen IT-Krimi gut zu Gesicht stehen, doch hätte man sich gerade beim Soundtrack mehr Mut und Eigenständigkeit gewünscht. Denn der minimalistisch gehaltene Beat, der bei einigen Außenaufnahmen Dynamik ins Geschehen bringen soll, ist kaum mehr als ein billiger Abklatsch des Chromatics-Songs Tick of the Clock, der in den letzten Jahren nicht nur Nicolas Windings Refns Neo-Noir-Meisterwerk Drive, sondern auch den TV-Spot einer deutschen Bank veredelte. Dann doch lieber das Original.

Bewertung: 5/10


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