Denn Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) müssen in ihrem 38. Fall den Mörder eines Burgherrn in einer Ritterrüstung finden – und ermitteln unter Regie von Tatort-Debütantin Buket Alakus in dessen heiligen Hallen.
Gedreht wurde Es lebe der König! in einer ehemaligen kurkölnischen Landesburg, im Schloss Hülchrath, das zum „Haus Lüdecke“ und Mikrokosmos für den Mordfall wird: Im knietiefen Wassergraben liegt einleitend der ermordete Manfred Radtke (Anthony Arndt) – und Thiel pendelt in der Folge zwischen Präsidium und Burg, weil der Mörder offenbar zwingend dort zu finden sein muss. So einfach kann ein Whodunit gestrickt sein.
Auch Boerne bewegt sich in bekannten Gefilden und sogar rhythmisch im Takt: Der eitle Forensiker schmeißt sich in der Leichenhalle spontan in die Ritterrüstung, macht sich zu den Klängen von Michael Jacksons Bad zum Affen und bittet Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) um ein „Selfie“ – das ja eigentlich so heißt, weil man es selbst schießt. Seine zum Fremdschämen einladende Tanzeinlage ist zugleich der Tiefpunkt eines stets nach altbekannten Mustern ablaufenden und mit den üblichen Witzchen gespickten Schmunzelkrimis, der um Längen hinter dem mutigen Vorgänger Limbus zurückbleibt.
Denn all das, was in Limbus mal für eine originelle Geschichte hintenanstehen musste, wird im 1148. Tatort wieder genüsslich durchexerziert: Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), die mit dem neugierigen Kollegen Lutz Söltenfuss (Christian Hockenbrink) aneinandergerät, zieht an ihrer Zigarette, Taxifahrer Herbert „Vattern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer) am Joint und Boerne über Alberich her. Bei einer ausufernden Debatte über Die Wiedertäufer von Münster – ein durchaus interessanter historischer Exkurs – muss ihre geringe Körpergröße fast 20 Jahre nach dem Erstling Der dunkle Fleck noch immer für die gleichen Frotzeleien herhalten.
ALBERICH:
Ich hatte damals Alpträume davon. Also, Jan van Leiden, der hat ja während der Belagerung die Vielweiberei eingeführt – und dann eine seiner 18 Ehefrauen wegen Ungehorsam eigenhändig ’n Kopf kürzer gemacht.
BOERNE:
Das wäre natürlich in Ihrem Fall wirklich problematisch.
Enttäuschend ist Es lebe der König! auch im Hinblick auf Thiels rechte Hand Mirko Schrader (Björn Meyer): Drehbuchautor Benjamin Hessler (Spieglein, Spieglein) schreibt dem Nachfolger der im Impro-Tatort Das Team verstorbenen Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) praktisch nur zwei besondere Charakteristika auf den Leib – er legt Wert auf das Einhalten der Vorschriften und hegt eine ausgeprägte Leidenschaft für die Zubereitung des perfekten Bürokaffees. Assistent eben. Einfallsloser geht’s kaum.
Schraders Schattendasein offenbart sich vor allem auf der Zielgeraden, bei der nicht etwa er als Polizeibeamter, sondern Rechtsmediziner Boerne, Assistentin Alberich und Juristin Klemm eine Beschattungsaktion durchführen: Während die Stammfiguren – fernab jeder Realitätsnähe, die man im Münster-Tatort ohnehin ausblenden sollte – an vorderster Front auf Verbrecherjagd gehen, harrt Schrader allein im Präsidium aus und muss per Funkkontakt für flache Wortwitze herhalten („Da, wo Mirko-USB steht! Äh nein, Mikro-USB!“).
Die Nebenfiguren im Umfeld des Burgherrn bleiben ebenfalls blass: Die großartige Sandra Borgmann (Rebecca) wird in der Rolle der trauernden Tochter Claudia Radtke nach dem hochemotionalen Auftakt kaum noch gefordert. Marek Harloff (Rebland) und Violetta Schurawlow (Wo ist nur mein Schatz geblieben?) mühen sich in ihren platten Rollen als Tobias und Farnaz Radtke zwar nach Kräften, sind aber letztlich Gefangene eines Drehbuchs, das ihnen kaum Platz zur Entfaltung einräumt. Besonders Farnaz, die immerhin ihren Gatten verloren hat, wirkt seltsam teilnahmslos. Eher überzeichnet agieren Justine Hauer – wir kennen sie noch als „Beckchen“ im Bodensee-Tatort – als Burg-Vorbesitzerin Clarissa von Lüdecke und Mai Duong Kieu als Undercover-Ermittlerin Rosemarie Sieber.
Die Bühne gehört ansonsten Boerne und Thiel, der sich Häme über seinen wilden Bartwuchs gefallen lassen muss und auf der Zielgeraden in eine Theateraufführung platzt, bei der aufgrund der Corona-Pandemie nicht mal Statisten im Saal sind. Das alles wirkt künstlich, albern und durchgeplant und ist nach dem seichten Schlussakkord auch direkt wieder vergessen. Die wenigen gelungenen Gags – etwa die Sichtung eines Sextapes, bei dem Thiel und Schrader vor Ekel kaum hinsehen können – lassen sich an einer Hand abzählen. Spannung will auch beim konstruierten (und im Nachklapp umständlich erklärten) Showdown kaum aufkommen.
Damit ist der Tatort aus Münster nach dem überraschenden Zwischenhoch im November 2020 schon einen Monat später wieder in der Spur – und man muss sagen: leider.
Es wird auch in Zukunft nicht möglich sein es jedem Recht zu machen.
Der gestrige Tatort war neben Geschichtsunterricht und trockenen Humor meiner Ansicht nach gelungen , dank dem gesamten eingespielten Team.
Weiter so.
Nie wieder werde ich einen Münster-Tatort anschauen. Bisher waren viele witzig und spannend. Der jetzige war einfach nur peinlich. Schade Börne und Thiel gaben total versagt.
War seit langem der erste Münstertatort, den ich mir angesehen habe, und wird für lange Zeit der letzte sein. Einfach grauenhaft und grottenschlecht. Hatte zu Münster zudem überhaupt keinen Bezug.
Dieser Tatort war eine Unverschämtheit. Und dafür bezahlen wir GEZ. Ich erwarte das meine Gebühren richtig investiert werden. Ansonsten schaue ich nur noch die freien Sender und freue mich über "Bauer sucht Frau". Ist immer noch noch besser wie eingeschlafene Füsse.
Was noch erwähnenswert ist: dieser Tatort wurde als einer der ersten Tatorte während der Corona-Pandemie gedreht. Dazu wurde das Drehbuch umgeschrieben, u.a. wurde die geplante Schlusszene mit vielen Komparsen gestrichen. Ich hatte das Gefühl, dass der Tatort dadurch an manchen Stellen etwas zu sehr bemüht wirkte…
Irgendwie sind Rezensionen von Münsteraner Tatorten genauso überflüssig wie die Tatorte selbst: Die Charaktere sind seit Jahren – oder ist gar schon ein Jahrzehnt voll? – auserzählt, die Mordfälle mindestens an den Haaren herbeigezogen, wenn nicht gar maximal abstrus, die Witze zünden schon lange nicht mehr. Ein sich ständig in den Vordergrund spielender Jan Josef Liefers – oder ist das doch nur der ungeliebte Charakter? – gibt dieser Konstellation den Rest. Schade, dass man nicht ihn aus der Reihe herausgeschrieben hat.
In Summe bleibt von heute die für Münster schon lange zur Gewohnheit gewordene Langeweile auf 90 Minuten und ein Mikro-Mirko-Witz, der uns schon vor 30 Jahren nicht mal im Keller hat lachen lassen.
Schade, nach der grandiosen Vorgängerin wieder der übliche abgenudelte Klamauk aus Münster. Dieser Tatort ist im wahrsten Sinne ein Schlafmittel, langweiliger geht es kaum.
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