Trotz dieser altbekannten Kontroverse mangelt es der Geschichte von Stefanie Veith (
Die Zeit ist gekommen) und Nina Vukovic, die auch den vierten Zürcher Tatort
Risiken mit Nebenwirkungen konzipiert haben, nicht an einer mutigen Grundidee – und doch bedienen sich die Drehbuchautorinnen bei näherer Betrachtung zu oft jener Handgriffe, der sich die kreativen Köpfe der Krimireihe in der jüngeren Vergangenheit schon sehr häufig bedient haben.
So ist Otts Mitbewohner Charlie Locher (Peter Jecklin) etwa persönlich mit der Künstlerin Kyomi bekannt, weil er sie mal auf einer Vernissage kennengelernt hat – Grandjeans Partner Milan Mandic (Igor Kovac) hingegen hat bei Kyomi ausgerechnet einen Catering-Auftrag für eine Party angenommen, auf der sich Ott später unter das feiernde Partyvolk mischt. Diese persönlichen Verwicklungen wirken auch in diesem Krimi konstruiert, sind für die stets bemühte Story aber letztlich weniger prägend, als es zunächst zu befürchten ist. Immerhin.
Die 1193. Tatort-Ausgabe ist dennoch keine überzeugende, denn die ganze Künstlernummer gestaltet sich ziemlich anstrengend – und wirklich spannend ist der mit Footage-Sichtungen vollgestopfte, stellenweise unnötig reißerisch arrangierte Krimi (Chatprotokolle werden etwa zusätzlich mit verzerrter Stimme aus dem Off vorgelesen) zu keinem Zeitpunkt. Unfreiwillig komisch wird es dann beim überhastet eingeleiteten, feurigen Finale, das Grandjean und Ott auf die
Insel Schönenwerd im Zürisee führt – jenes malerische Gewässer, das im Verlauf des Films mehr als ein halbes Dutzend Mal im Panorama eingefangen wird, damit wir auch ja nicht vergessen, in welcher Stadt wir uns befinden. Lokalkolorit ansonsten: Mangelware.
Auch mit Klischees geizen die Filmemacher nicht: Neben dem pädophilen Schwimmtrainer Konrad Fassbind (Marcus Mislin,
Zwei Leben) gibt es mit dem reichen Schönheitschirurgen Beat Gessner (Imanuel Humm) einen Rabenvater aus dem Bilderbuch – beruflich erfolgreich, aber weit entfernt davon, seinem Sohn die Stütze zu sein, die der in seiner schwierigsten Lebensphase gebraucht hätte. Die späte, ebenfalls reichlich konstruierte Wendung mit Blick auf zwei Menschen, die einen neuen Namen tragen, verpufft dann ohne die erhoffte Wirkung – so überraschend die Auflösung der Täterfrage sich gestaltet, so schnell ist sie wieder vergessen.
Nach dem soliden Auftakt
Züri brännt und dem vielkritisierten Nachfolger
Schoggiläbe zeigt der Pfeil für das neue Schweizer Tatort-Team damit wieder nach unten – und es bleibt sehr zu hoffen, dass Grandjean und Ott nach
Schattenkinder die Kurve kriegen. Ansonsten droht, dieses Wortspiel sei verziehen, das gleiche Schattendasein, das bereits ihre Luzerner Vorgänger Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) in der Krimireihe fristeten.
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