Trotz dieses Lichtblicks im Drehbuch von Thomas Kirchner (Das schwarze Grab) ist der 1206. Tatort von Beginn an eine verkorkste und ziemlich zĂ€he Angelegenheit. Schon die ersten 15 Minuten gestalten sich aufgrund des seltsamen Arrangements aus Prolog, zweiwöchigem Zeitsprung und anschlieĂendem RĂŒckblick (!) unnötig unĂŒbersichtlich. Weder wird der Film durch diese sinnlose Verschachtelung spannender, noch interessanter.
Und er wird in der Folge auch nicht besser: Wenngleich sich der ErzÀhlfluss zunehmend stringent gestaltet, vermag sich der Tatort kaum von den Standardmomenten der Krimireihe zu lösen. Da ist zum Beispiel eine (wie immer) unsympathische Juristin: StaatsanwÀltin Jasmin Winterstein (Abak Safaei-Rad,
Was wir erben) rasselt auf Knopfdruck mit Berlinger aneinander. Die Begegnung ihrer pubertierende Tochter Nele (Virginia Obiakor) mit Berlinger ist natĂŒrlich kein Zufall. Und der Klischee-Knacki Hannes Petzold (Klaus Steinbacher), hat es auch noch nach seiner Entlassung â wie könnte es anders sein â auf die Bankkonten der weiblichen Ă60-Fraktion abgesehen.
Klischees lassen sich im Tatort aufgrund der kurzen Spieldauer nicht immer vermeiden, schlechte Dialoge hingegen schon. Und die gibt es an allen Ecken und Enden: Rascher langweilt mit Exkursen ins Strafprozessrecht, Berlinger mit aufgesetzten Selbstzweifeln, die sie ihrer Cousine Maja Ginori (Jule Böwe) preisgibt. Das allgegenwĂ€rtige Overacting und die am ReiĂbrett entworfenen Debatten zwischen Petzold und seinem drogensĂŒchtigen Sohn Enrico Thiele (Linus Moog) lassen sich hingegen irgendwo zwischen Reality-Soap-Diktion und nervtötenden Vater-Sohn-Reibereien verorten: „Du hast stillgehalten und gehofft, ein paar Brocken abzukriegen!“ â so redet im Jahr 2022 doch kein 16-JĂ€hriger.
Auch schauspielerisch kann der vierte Makatsch-Tatort nicht ĂŒberzeugen â wĂ€re da nicht die groĂartige Michaela May, die nach KrĂ€ften gegen den Kitsch der lauen Knacki-Romanze anspielt, wĂ€re In seinen Augen eine noch gröĂere EnttĂ€uschung geworden. Auch die Auflösung der TĂ€terfrage ist keine Ăberraschung. Zumindest gipfelt der Krimi aber in einem fiebrigen, wenn auch konstruierten Finale, das ein StĂŒck weit fĂŒr die LĂ€ngen im Mittelteil entschĂ€digt und ein weiteres Mal ins Haus der StaatsanwĂ€ltin fĂŒhrt. Die ganz groĂe Spannung will aber selbst hier nicht (mehr) aufkommen â hĂ€tte die Spurensicherung von Beginn an besser hingeschaut, wĂ€re nĂ€mlich alles ganz anders gekommen.
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