SCHENK:
Sie hätten uns wenigstens zwei Wochen geben können.
NOVAK:
Wozu?
SCHENK:
Um herauszufinden, dass das, was hier heute passiert ist, Bullshit ist.
NOVAK:
Damit ich dann in vier Jahren wieder herausfinde, dass das, was Sie herausgefunden haben, Bullshit ist?
Der anfangs noch etwas unübersichtliche Tatort wirft kein gutes Licht auf die deutsche Judikative – was in der Krimireihe bekanntlich keine Seltenheit ist (vgl.
Nie wieder frei sein,
Lass den Mond am Himmel stehn). Auch Ballauf und Schenk, diesmal ohne die Unterstützung von Norbert Jütte im Einsatz (mehr zu den Hintergründen in unserem
News-Artikel), stellen Fragen, die sie schon früher hätten stellen sollen. Und die von Missgunst durchsetzte, finanziell heterogen aufgestellte Schauspielerbranche bekommt gehörig ihr Fett weg – was sich hier aber weniger (selbst-)ironisch gestaltet als etwa in der grandiosen Wiesbadener Film-im-Film-Konstruktion
Wer bin ich? von 2015.
Vier Jahre verfolgt einen ernsthafteren Ansatz und punktet als kniffliger Whodunit, der gleich zwei Parallelen zum fünf Wochen zuvor ausgestrahlten, vielgelobten Stuttgarter Tatort
Videobeweis aufweist: Während in den Köpfen der Ermittler und vor den Augen des Zuschauers mehrere mögliche Tathergänge durchgespielt werden, ist die Auflösung am Ende eine ganz andere – und wieder spielt ein Kothaufen eine entscheidende Rolle. Bei der Suche nach dem Mörder genießt das Publikum einen Wissensvorsprung: Viel Entscheidendes findet hinter Ballaufs und Schenks Rücken statt und man trifft sich immer wieder am Pool – dem Ort, um den sich in diesem Tatort nicht nur symbolisch alles dreht.
Kameramann Holly Fink (
Das Recht, sich zu sorgen) lässt uns mit seiner herbstlichen Bildsprache eintauchen in die Privatwelt des neuerdings von den Nachbarn geschnittenen TV-Stars Seitz, den seine Rolle als Tierdoktor Schröder bekannt machte – als Arzt, dem die Sauen vertrauen. Wir werden Zeuge eines atmosphärisch dichten Ehedramas, in dem auch der Schlüssel zur (leider sehr kitschigen) Schlusspointe zu finden ist: Kaum war ihr Gatte hinter Gittern, ließ sich die zum Kellnern gezwungene Carolin Seitz („Ich kann noch nicht mal mehr meinen scheiß Vorabend drehen!“) mit dem Streifenpolizisten Frank Heise
(Florian Anderer,
Die dritte Haut) ein, der in der Tatnacht im Dienst war und schon länger ein Auge auf die immer seltener besetzte Schauspielerin geworfen hatte.
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass auch Stark die Tat nicht begangen hat – der Weg bis zum Finale (am Pool) gestaltet sich aber sehr reizvoll und lässt sogar Zeit für einen herrlichen Meta-Moment, in dem Heise durchs TV-Programm zappt und beim WDR-Tatort
Kressin stoppt den Nordexpress von 1971 hängen bleibt. Manche Figur kommt im Film aber zu kurz – etwa die depressive Lene, über deren Suizidversuch wir wenig erfahren. Aufgefangen werden die Leerstellen durch den Cast: Mit Franziska Arndt (
Wir sind die Guten), die Starks Ehefrau Betti spielt, und Manfred Böll (
Das schwarze Haus), der den argwöhnischen Nachbarn Dr. Urs Keller mimt, ist der Film auch in den kleineren Nebenrollen überzeugend besetzt.
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