Folge: 725 | 8. März 2009 | Sender: MDR | Regie: Johannes Fabrick
Bild: MDR/Saxonia Media/Junghans |
So war der Tatort:
Ähnlich farblos wie sein Titel.
Mauerblümchen gelingt es nämlich nur selten, sich von der üblichen Reißbrett-Dramaturgie zahlloser Sonntagskrimis zu lösen: Unter Regie von Johannes Fabrick, der genau wie Drehbuchautorin Simone Schneider zum ersten und einzigen Mal für die Krimireihe am Ruder sitzt, passiert beim fünften Einsatz der Leipziger Hauptkommissare Andreas Keppler (Martin Wuttke) und Eva Saalfeld (Simone Thomalla) fast immer genau das, was man als nächstes erwarten würde.
Und doch ist der 725. Tatort zumindest in einer Hinsicht eine wohltuende Ausnahme vom gewohnten 08/15-Arrangement auf dem populärsten aller TV-Sendeplätze: Es gibt nicht viele Fadenkreuzkrimis, in der Politiker in ein wirklich positives Licht gerückt werden. Meist haben sie Dreck am Stecken, treiben fiese Machtspielchen oder lassen sich als korrupte Marionetten zahlungskräftiger Wirtschaftsbosse instrumentalisieren. Dieser Whodunit hingegen liefert den Gegenentwurf zum machthungrigen, opportunistischen Klischee-Politiker, doch leider segnet der tadellose Bürgermeister Armin Lohmann (Peter Atanassow, Machtlos) schon nach wenigen Minuten das Zeitliche.
Lohmann, der am Vorabend auf einer Veranstaltung mit einer unbekannten jungen Dame in die Nacht verschwunden ist, liegt sehr zur Überraschung seiner ahnungslosen Gattin Katrin (Sophie von Kessel, Der kalte Tod) morgens tot in seinem Haus – von seiner weiblichen Begleitung, mit der er vermeintlich eine Affäre gehabt hat, fehlt hingegen jede Spur. Was sich wie ein klassisches Eifersuchtsdrama mit Todesfolge liest, entpuppt sich bald als Ouvertüre für eine deutlich komplexere Geschichte, in der die zweite Leiche nicht lange auf sich warten lässt.
Leider tappen die Filmemacher dabei in manche andere Klischeefalle: Zum profitgierigen Bauunternehmer Stefan Rose (Arved Birnbaum, Der Reiz des Bösen) etwa fällt ihnen nichts Originelles ein, das mal mit den altbekannten Vorurteilen gegenüber einflussreichen Baulöwen aufräumen würde. Und so macht sich der tatverdächtige Rose, der mit Lohmann im Clinch lag und sich mit minderjährigen Prostituierten eingelassen hat, auch gar nicht erst die Mühe, gegen das Saalfeldsche Schubladendenken aufzubegehren.
KEPPLER:
Der Baustopp hätte ihn vielleicht in den Ruin getrieben. Das ist für mich ein Motiv.SAALFELD:
Und warum hat er nicht erst versucht, Lohmann zu erpressen? Ist doch üblich in der Baubranche.
In Mauerblümchen wird eine ganze Reihe an Themen angeschnitten, die allein schon Stoff für einen eigenen Krimi geboten hätten: Es geht um unterbezahlte Leiharbeiterinnen, die für 5 Euro die Stunde die Hotelzimmer von Jörg Stein (Helmut Zierl, Wer Wind erntet, sät Sturm) und seinem umtriebigen Neffen Christian Scharper (Stefan Rudolph, Hart an der Grenze) putzen. Es geht um Organhandel, es geht um ein Flughafenprojekt. Und es geht um Prostitution.
Die ehemaligen Eheleute Keppler und Saalfeld, die sich bei bemühten Mann-Frau-Debatten in gewohnter Manier aneinander reiben, sind dabei auch getrennt unterwegs: Sie braust im silbernen Benz durchs nächtliche Leipzig, er nimmt den Linienbus oder zieht in der Regionalbahn die Notbremse, wenn er im Dunkeln in hundert Metern Entfernung eine völlig unschuldige Passantin fälschlicherweise für eine wichtige Tatzeugin hält.
Absurde, unbeholfen arrangierte Momente wie diese nehmen dem Film ein Stück seiner Wucht, und da ist ein weiterer Handlungsschlenker, der sich so gar nicht mit der tragischen Grundtonalität in Einklang bringen lässt: Keppler und Saalfeld stoßen in einer Flüchtlingsunterkunft auf einen knuffigen Vierbeiner, den sie prompt mit ins Präsidium nehmen und in die Obhut des wenig begeisterten Kriminaltechnikers Wolfgang Menzel (Maxim Mehmet) geben. Diese dünnen „Da kommt Kalle“-Momente haben viel von seichtem Vorabend und wenig von spannender Krimi-Unterhaltung – und gipfeln zu allem Überfluss in einer Schlusspointe, der der Kitsch nur so aus den Poren trieft.
Auch zum Miträtseln taugt Mauerblümchen nur bedingt: Der Blick auf den Cast gibt geübten Zuschauern, die prominente Namen zu deuten wissen, einen wichtigen Hinweis. Und auch das Drehbuch verfolgt die falschen Fährten eher halbherzig: So verdächtig eine Person im Mittelteil des Krimis auch erscheint, ist im Tatort am Ende doch häufig jemand der Täter, der anfangs ohne Not zu viel über sich verrät und dann aus dem Blickfeld gerät. Besonders ärgerlich: Hätten Keppler und Saalfeld einfach früher einen Blick in die Akten geworfen, denen sie sich erst auf der Zielegeraden widmen, hätte die Geschichte ein viel schnelleres Ende genommen.
So bleibt am Ende trotz guter Ansätze und überzeugenden Darstellern wenig im Gedächtnis haften – und der fünfte Fall des ungleichen Ermittlerduos reiht sich als graue Maus in eine lange Reihe weiterer Leipziger Folgen ein, die wir schon ein paar Tage später wieder vergessen haben.
Bewertung: 5/10
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