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Blinder Fleck

Folge: 1244 | 24. September 2023 | Sender: SRF | Regie: Tobias Ineichen

Bild: ARD Degeto/SRF/Sava Hlavacek
So war der Tatort:
Dreifach.
Denn bei ihrem sechsten Einsatz müssen die Zürcher Kantonspolizistinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) einen Dreifachmord auf dem Pfannenstiel aufklären – und auch das Drehbuch von Claudia Pütz und Karin Heberlein gliedert sich diesmal grob in drei Schwerpunkte. Die beiden schrieben bereits das Skript zum enttäuschenden Schweizer Vorgänger Seilschaft, den mit Tobias Ineichen auch derselbe Regisseur inszenierte.
Schwerpunkt 1 der Geschichte bildet die Tatzeugin: Verängstigt am Tatort aufgefunden (ein sehr bedrückender Moment), baut die sechsjährige Ella Perrier (Maura Landert) zaghaft Vertrauen zu Grandjean auf. Der behutsame Umgang der einfühlsamen Polizistin mit dem verschlossenen Mädchen ist das emotionale Herzstück des Films; selten sahen wir die unterkühlte Grandjean so liebevoll wie hier. Der Figur, die beim deutschen Publikum auch aufgrund ihres französischen Akzents einen schweren Stand hat, tut das sehr gut. Dass sie sich tagelang mit dem Mädchen in der 24-Stunden-Kita des Präsidiums einquartiert, ist der Glaubwürdigkeit des Krimis hingegen weniger dienlich.
Schwerpunkt 2 bilden zwei miteinander verknüpfte Cyberthemen, die in die Krimireihe schon häufiger Einzug hielten: die Gefahr durch ferngesteuerte Drohnen (wurde auch in Kaltstart von 2014 thematisiert) und das digitale Sammeln von Daten (gab es etwa in HAL und Echolot von 2016 oder Mord Ex Machina von 2018). Auf einem Aussichtsturm in unmittelbarer Nähe zum Tatort im idyllischen Oberland trifft Schuler den undurchsichtigen Waldarbeiter Luka Gasser (Nicola Perot), der dort angeblich Rotmilane mit seiner Drohne beobachtet. Mächtig verdächtig.
Schwerpunkt 3 bildet schließlich ein Thema, das sich Regisseur Tobias Ineichen schon einmal in ähnlicher Form vorknöpfte: Mussten die Schweizer Vorgänger Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) sich 2017 im Luzerner Tatort Kriegssplitter den Folgen des Tschetschenienkriegs stellen, schlagen die Filmemacher in Blinder Fleck die Brücke zu den Jugoslawienkriegen. Der verurteilte Kriegsverbrecher Lars Diener (Marcus Signer, Schutzlos) war mit seinem Motorrad am Tatort, seine Geliebte Ada Gasser (Patricia Litten), Adoptivmutter des Vogelbeobachters, deckt ihn. Viel wird hinter dem Rücken der Ermittlerinnen aufgedröselt – wir genießen einen Wissensvorsprung gegenüber den beiden.
Viel Stoff für neunzig Krimiminuten, und auch das im Schweizer Tatort oft bemühte Klischee vom geldgierigen, aalglatten Banker hält wieder fleißig Einzug: Privatbankier Joel Müller (Ralph Gassmann, Der schöne Schein) war an einem Start-Up mit zwei der drei Ermordeten beteiligt und wirft nach deren Ableben natürlich alle moralischen Bedenken für einen lukrativen Deal mit dem Drohnen-Unternehmen über Bord. Häufig erzählt, selten überzeugend – hier aber zumindest die Steilvorlage für einen augenzwinkernden, wenn auch etwas bemühten Meta-Moment.

MÜLLER:
Ich hab ein Alibi.

OTT:
Das haben viele. Und dann waren sie’s am Schluss trotzdem. Schauen Sie keine Krimis?


Blinder Fleck ist ein konventioneller und geradliniger, inhaltlich aber überfrachteter Krimi, in dem ein gelber Vogel im Käfig spätestens auf der Zielgeraden zur seltsamen Lachnummer mutiert. Zumindest das im Züri-Tatort ansonsten ausführlich illustrierte Privatleben der Kommissarinnen wird diesmal aber nur am Rande beleuchtet. Zeit für eine Gesangseinlage von Grandjeans Freund Milan Mandic (Igor Kovac) und Einwürfe von Otts Mitbewohner Charlie Locher (Peter Jecklin) bleibt trotzdem.
In Szene gesetzt wird der Tatort dynamisch, aber selten originell: Die Kameraflüge über Zürich, die die Folgen mit Grandjean und Ott seit jeher kennzeichnen, wurden wahrscheinlich alle mal in einem Abwasch gedreht und werden nun Tatort für Tatort ein- und abgearbeitet. Das ist mittlerweile sehr abgegriffen. Der Showdown driftet in den B-Movie-Trash ab und eine gruselige Kinderzeichnung als wichtiges Indiz zur Auflösung der Täterfrage kennen wir hinlänglich aus dem Horrorkino – bereits vor 65 Jahren (!) im Kindermörder-Klassiker „Es geschah am hellichten Tag“ war das ganz ähnlich.
Unterm Strich bietet der 1244. Tatort aber weniger Angriffsfläche als seine Vorgänger (vgl. Schattenkinder oder Risiken mit Nebenwirkungen): Wenngleich die Täterfrage dank unseres Wissensvorsprungs Formsache ist, ist Blinder Fleck auch im Vergleich zu den davor ausgestrahlten, vielkritisierten Folgen Gold und Erbarmen. Zu spät. solide Krimikost. Und gerade in Zeiten, in denen sich die Sendeanstalten der ARD reihenweise von beliebten Schauspielerinnen und Schauspielern trennen (vgl. Annalena Schmidt, Peter Espeloer oder Franziska Weisz), kann Bodenständigkeit für den veränderungsscheuen Teil des Publikums ja durchaus wohltuend sein.
Bewertung: 5/10



Kommentare

40 Antworten zu „Blinder Fleck“

  1. Endlich mal wieder ein Tatort welcher ein Krimi ist. Weiter so… ?

  2. Guter Tatort. So soll ein Krimi sein.

  3. furchtbar

  4. Gute Story, spannend, die Musik fand ich beeindruckend, hat die Spannung gut unterstrichen, alles in allem – hab das einschalten nicht bereut.

  5. Man ist ja inzwischen schon dankbar, wenn es gefühlt nur ein Krimi ist. Klar war auch hier nicht alles perfekt. 5/10 heißt für mich, dass ich den nicht zwingend ein zweites Mal sehen muss, aber es besteht noch Hoffnung, dass die Tatortreihe wieder besser wird.

  6. War absolut I.O. Endlich mal wieder.
    Hätte ich von Zürich gar nicht erwartet. Weiter so. ??

  7. Wenig originell, langweilig

  8. Für uns definitiv bisher der beste Zürich-Tatort?

  9. Das war in der neuen Tatortsaison bisher der beste Tatort. Dieser Tatort war vom Anfang bis zum Schluss spannend. Die schauspielerischen Leistungen, vor allem des traumatisierten Mädchens waren sehr gut. Danke Zürich, weiter so, dieses Team wird immer besser.

  10. Jetzt aber absetzten die Züricher Tatorte. Definitiv. So geht das nicht weiter!

  11. In der neuen Tatortsaison bisher der beste Tatort. Der Tatort war spannend vom Anfang bis zum Schluss und die schauspielerischen Leistungen, vor allem des traumatisierten Kindes, sehr gut. Weiter so Zürich, danke, dieses Team wird immer besser.

  12. Das mit dem gelben Kanarienvogel hat sich mir nicht erschlossen. Warum hat das Kind so panisch drauf reagiert??

    1. Das Kind hat gesehen, dass die Drohne aus der Luft auf die Eltern geschossen hat und hat jetzt Angst vor Vögel, weil es meint, diese schiessen. Drohnen kann es in der kindlichen Wahrnehmung noch nicht einordnen.

  13. Fast hätte ich die Hoffnung, jemals wieder einen guten Tatort zu sehen, aufgegeben. In diesem Schweizer Tatort hingegen gab es ja fast alles, was man bisher so schmerzlich vermisst hat. Spannung, Handlung, sympathische Ermittler und eine nachvollziehbare Geschichte mit Hintergrund. Keine Psycho-Spielchen, keine privaten Familiengeschichten der Ermittler, kein Gendern und sonstigen Mist. Wie nicht anders zu erwarten, wird dann hier mit durchschnittlichen 5/10 bewertet.

  14. jetzt macht Zürich es vor: Gute Story kein "Kunst-Schwachsinn" wie die TATORTE davor. Eine Folge, die den Titel TATORT wieder gerecht wurde – super. Die deutschen Produktionen sollten sich ein Beispiel daran nehmen.

  15. Ich fand ihn schrecklich langweilig

  16. Ich bin kein Fan von Zürich-Team, aber ich fand, das war diesmal 6/10.

  17. Zähle mich zu den oben erwähnten veränderungsscheuen Zuschauern. Der Streifen taugt mir heute (ungeachtet dessen was noch kommt); bin gerade bei der 50. Minute und durchaus zufrieden. Schaffen bei mir inzwischen nicht mehr viele Tatort-/Polizeiruf – Produktionen.

  18. Fand den Tatort ganz gut. Muß nicht immer absolut realistisch sein. Ist ja ein Krimi und keine Dokumentation. Das verstehen manche leider nicht.

  19. Am Anfang langweilig,zum Schluß gab es etwss Spanessung.Auf jeden Fall b

  20. Was war in dem scheiss Schließfach so ein Mist…

    1. Im Schließfach war der Schmuck der Frauen, die vergewaltigt und ermordet wurden, u.a. die Mutter des Mörders. Das war doch gut erklärt im Film ??‍♀️

    2. Einfach ein bisschen aufpassen, dann kommt man besser mit. ?

  21. So Mist soviele Ungereimtheiten zum Kotzen

  22. Sehr dünn und etwas viel Zufall… Kommissarin erfährt durch zufällig offene Internetseiten mit Flugbuchung von der Bedrohung der Kleinen, echt jetzt?

  23. Na ja … KI als Feindbild? Kommt ja immer darauf an, wer den Finger am shot bot hat. Großäugiges gefährdetes Mädchen kommt für viele gut. Manchmal denke ich, was soll das alles? Gerade jetzt verhungern kleine Kinder. Menschen haben aktuell ihr Daheim verloren. Menschen werden gequält. Tiere sowieso. Bin heute ein bisschen depri drauf ?

  24. Immerhin ein Tatort den wir bis zum Ende angeschaut haben. War bei dem verschwurbelten Blödsinn der letzten Wochen nicht der Fall. Ein Hoffnungsschimmer.

  25. Ich fand ihn auch heute spannend, teilweise rührend – aber gleichzeitg etwas bedrückend wegen den Drohnen! Eine gute Mischung! ??

  26. Fand diesen Tatort den Besten seit langem. Tolle Bilder und spannende Storie.

    1. Bin voll und ganz Ihrer Meinung.

  27. Gegenüber dem Mist, der so in den letzten Wochen gezeigt wurde doch ein "Glanzpunkt" !
    Die Schweizer, aber vor allem die Österreicher können es offensichtlich besser…

  28. Positiv: Konventionell inszeniert, mittlerweile reicht das ja schon beim Tatort für Pluspunkte. Negativ: Die Story ist überladen und unnötig kompliziert. Dadurch fehlt der Spannungsaufbau. Nicht leicht, den Überblick zu behalten, vor allem am Anfang.

  29. Wesentlich besser als der Quatsch der letzten beiden Wochen.

  30. Ich hab die Spannung verpasst! Nur Langeweile!

  31. Gab schon Schlimmeres…

  32. Laaaangweilt mich

  33. Warum wurde die Spur des Motorads nicht direkt verfolgt, so viele Bugs…und unlogische Handlungen.

    1. Es war nicht spannend- eher langweilig.

  34. Na zumindest mal wieder Spannung und Handlung und nicht so ein Käse wie letzte Woche. ? ??

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