Folge: 1152 | 10. Januar 2021 | Sender: WDR | Regie: Torsten C. Fischer
Bild: WDR/Thomas Kost
So war der Tatort:
Janz schön jefährlich.
Und zwar vor allem für den Kölschen Assistenten Norbert Jütte (Roland Riebeling), der bei seinem neunten Einsatz entführt und in einen Keller gesperrt wird: Kaum angekommen im Rheinpalais-Hotel, in dem man einleitend die Leiche der sterbenskranken Kathrin Kampe (Eva Weißenborn, Salzleiche) findet, begegnet Jütte seiner Entführerin – und die bringt nicht nur ihn in seine Gewalt, sondern kurz darauf auch seinen Chef Freddy Schenk (Dietmar Bär).
Der Auftakt zu einem packenden Wettlauf gegen die Zeit, bei dem Kollege Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) alles in seiner Macht stehende tun muss, um die beiden schnell wieder zu befreien?
Mitnichten. Der Tod der Anderen, in dem die Filmemacher den Bogen in die Zeit der Stasi schlagen, ist ein überraschend spannungsarmer Tatort, der nach einem starken Auftakt gemütlich vor sich hinplätschert und in dem sich – außer Jütte selbst – niemand wirklich Sorgen um dessen Leben zu machen scheint.
Vor allem Schenk gibt sich bemerkenswert entspannt, was das Schicksal seines Assistenten und seine eigene Rolle in diesem enttäuschenden Krimi angeht: Nachdem er in die Gewalt der tatverdächtigen Hotelfachfrau Bettina Mai (Ulrike Krumbiegel, Tollwut) gelangt ist, fügt sich der Polizeibeamte widerstandslos in sein Schicksal, begibt sich mit ihr auf einen ausgedehnten Roadtrip durchs Sauerland und teilt irgendwann sogar das Hotelbett mit ihr.
SCHENK:
Sie machen sich unglücklich.
MAI:
Ich bin schon öfter in meinem Leben ins leere Schwimmbecken gesprungen. Manchmal vom Zehn-Meter-Turm und manchmal hab ich mir das Bein gebrochen. Aber es ist immer wieder verheilt.
Dass Der Tod der Anderen eine der schwächeren Kölner Tatort-Folgen und zugleich die schlechteste seit Bausünden von 2018 ist, liegt weniger an der ordentlichen Regie von Torsten C. Fischer (Monster), der stark aufspielenden Ulrike Krumbiegel oder dem Rest der überzeugenden Besetzung – es liegt an der hanebüchenen Geschichte, die man angesichts der haarsträubenden Manöver der Kommissare nach der so vielversprechenden Auftaktviertelstunde und der Entführung von Jütte und Schenk praktisch kaum noch ernst nehmen kann.
Man sollte einen Tatort grundsätzlich keinem Abgleich mit realer Polizeiarbeit unterziehen (da kann er schließlich nie standhalten), doch was Drehbuchautor Wolfgang Stauch – der immerhin großartige Tatort-Folgen wie den Stuttgarter Beitrag Anne und der Tod konzipiert hat – diesmal konstruiert, lässt die Realitätsnähe nahezu gänzlich vermissen und wäre im Hinblick auf die Tonalität wohl besser im Vorabendprogramm aufgehoben gewesen.
Denn der Erzählton, und das ist unterm Strich das größte Dilemma, wechselt viel zu häufig ins Seichte und beraubt den Krimi damit seiner Durchschlagskraft: Als der verdurstende Jütte nach einem vorhersehbaren Fauxpas im Keller um sein Leben kämpft und kurz davor ist, sich seinen eigenen Urin in den Rachen zu schütten, nippt Schenk im Hotelzimmer genüsslich am Flaschenbier.
Während sich der Assistent dümmer anstellt, als die Polizei erlaubt, stellt Schenk seine Fluchtversuche ein und hält es für klüger, mit einer mutmaßlichen Schwerverbrecherin gemeinsame Sache zu machen. Von Mai lässt er sich abwechselnd die Methoden der IM erklären, mit simplen Tricks übertölpeln oder Honig um den struppigen Bart schmieren – als geerdeter, glaubwürdiger Kommissar wird er im 1152. Tatort fast komplett demontiert. Einen Anruf bei seiner Ehefrau, die unangekündigt mehrere Tage ohne ihn auskommen muss, hält er gar nicht für nötig.
Ballauf wiederum schöpft keinen Verdacht: Spätestens, nachdem er Schenk mit einer Waffe am Kopf gesichtet hat, wäre eher eine Großfahndung als eine halbgare Verfolgungsfahrt zu Country-und-Western-Gedudel angemessen gewesen. Statt mal ernsthaft zu hinterfragen, warum Jütte und Schenk plötzlich nicht mehr im Präsidium auftauchen, nimmt er einfach KTU-Kollegin Natalie Förster (Tinka Fürst, Vielleicht) unter seine Fittiche, die bei der Inspektion von Hotel und Tatort grobe Fehler begeht und diese – was der Dramaturgie und Auflösung des Mordfalls gut in den Kram passt – schließlich auf der Zielgeraden einräumen muss.
Neben abstrusen Manövern geizt das Drehbuch auch nicht mit Klischees: Die untreuen Politiker „Porno-Peter“ Wagner (Bernhard Schütz, Blutschuld) und Frank Heldt (Rolf Kanies, National feminin) haben natürlich Dreck am Stecken – wie so viele, viele Tatort-Politiker vor ihnen. Nebendarsteller Moritz Führmann wiederum ist nach dem originellen Verwirrspiel Die Ferien des Monsieur Murot, der köstlichen Mockumentary How To Tatort und dem starken Jubiläumsfall In der Familie (1) zum vierten (!) Mal binnen sieben Wochen in der Krimireihe zu sehen: Man könnte fast meinen, in Deutschland gäbe es zu wenig Schauspieler.
Das Niveau geht seit Jahren zurück.Aber diesen Tatort sehe ich Positiv.Mir hat er gefallen. Da hat der Wdr in der letzten Zeit viel schlechtere geliefert.
Ich muss zugeben, dass ich lange nicht so recht wusste, was ich von dieser Folge halten soll: Und tatsächlich spaltet dieser Film Feuilleton wie Zuschauer. Insgesamt muss ich sagen, dass dieser Tatort trotz einiger interessanter Ansätze einfach nicht die aus Köln gewohnte Qualität aufweist.
Vorsicht Spoiler:
Obwohl ich besonders die Szenen, in denen Schenk sozusagen mit einer neuen "Kollegin" ermittelte, die natürlich eigentlich eine Tatverdächtige war, sehr amüsant fand, brechen doch mehrere Aspekte diesem Tatort das Genick: Die Figur der Bettina Mai ist trotz des tollen Spiels Ulrike Krumbiegels in sich nicht stimmig, denn die eigentlich sehr beherrschte und schlagfertige Frau würde sich wohl kaum für eine solche verzweifelte Entführung entscheiden. Besonders nervig ist zudem, dass besonders Schenk die Ruhe in Person ist und lieber den Abend mit einer Tatverdächtigen im Bett verbringt, als sich um seinen Kollegen Jüttes zu sorgen. Jüttes Probleme sind dabei allein auf seine eigene Dummheit zurückzuführen: Das Wasser mit zu den Brötchen zu legen, war zum Beispiel wirklich nicht notwendig. Die Figur des Jütte gerät zudem in den Hintergrund und kann nicht ihr sonstiges Potenzial entfalten.
Besonders enttäuschend ist die Auflösung. Dass der Fall nicht sofort gelöst war, ist allein der schlampigen Arbeit der Spurensicherung zu verdanken. Zudem handelt es sich nun schon um den X-ten Selbstmord in wenigen Monaten in der deutschen Krimilandschaft und war irgendwie vorherzusehen. Dass der Tod besonders qualvoll war, ist kein ausschlaggebendes Argument gegen Suizid.
Unterm Strich halte ich die 3/10 Punkte für diesen Krimi für gerechtfertigt, denn trotz all der Schwächen und Ärgernisse gab es doch auch einige wenige interessante Aspekte, wie etwa die Hintergrundgeschichte, wenn sie auch nicht in angemessenem Maße behandelt wird, oder die schon erwähnte Inversion der Rollen (Tatverdächtige wird zur Ermittlerin).
Es gab einmal eine Krimiserie Tatort, die mit hochaktuellen Themen aus der seit 30 Jahren nicht mehr existierenden DDR noch Stoff ausgegraben und im Jahr 2020 aufgeführt hat. Die Serie ist totgeritten, kaputt gespart, ideenlos, realitätsfern. Für wen wird das gemacht?
Der Kölner Tatort vom Sonntag war eine Zumutung. Schön, dass sich immer noch Themen aus dem seit 30 Jahren vergangenen alten Osten finden, mit denen alte und neue Vorurteile gepflegt werden können. Es ist noch nicht abgedroschen, man kann immer noch mal drauf hauen. Für wen wird denn so ein Schrott gedreht? Ich habe mich schon vor einiger Zeit vom Flaggschiff Tatort abgewandt, schaue nur noch sporadisch mal rein. Und jedes Mal, wenn ich das tue, werden meine Vorstellungen bestätigt: Es lohnt sich nicht. Es ist verlorene Zeit. Dabei stand der sonntägliche Tatort einmal unverdient sehr hoch bei mir. Jetzt hat er sich seit mehreren Jahren sein Tief wöchentlich erarbeitet. Selbst der Münster-Tatort ist nur noch eine Farce früherer amüsanter Folgen. Ich bin raus und kehre auch nicht wieder. Es gibt in der ARD keinen schönen oder spannenden Sonntagsabends Krimi mehr, totgeritten, kleingespart. Ernst kann man es nicht nehmen, ironisch auch nicht, als Komödie ist es auch schwierig. Was soll es sein? Für mich ist es nichts.
Die schlechte Bewertung hat dieser hanebüchene Tatort zweifellos verdient. Dazu kommt noch ein geographischer Fauxpas. Die Reise von Kommissar Schenk und der Tatverdächtigen sollte ins Sauerland gehen, das ist ein Mittelgebirge und keine flache Landschaft wie im Film! Etwas ernst sollte man den Zuschauer schon nehmen.
Einfach schlecht und fast fürs frendschämen gedacht. Wenn unsere Kripo wirklich so arbeitet dann Gute Nacht! Enttäuschend! Wo sind die richtigen guten Tatort Filme geblieben?
Uns (meiner Frau und mir) hat der Tatort gefallen. Was soll man denn sonst noch alles für Geschichten erzählen? Gabs doch sonst schon alles. Die "Alkoholikerin" war sicherlich trocken und braucht somit auch keinen Alkohol mehr. Und ob Jütte überlebt hat oder nicht, werden wir beim nächsten Tatort aus Köln sehen.
Ich fand ihn gut. Schauspieler brachten die Sache gut rüber. Die Geschichte des Ostens sollte öfter mal in die Erinnerung gerufen werden. Viele vergessen einfach zu schnell.
Ich kann nur sagen, das war mal wieder ein guter…..Tatort…….weiter so
hat den Jütte nun überlebt? Den Kollegen wars ja weitgehend egal. Und klar, man sucht im 5 km Radius um das Hotel nach einem Keller, aber nicht auf dem Gelände selber. Die Rolle der Mai, naja, völlig realitätsfremd. Immer einen lockeren, koketten Spruch und super im Bett. Ja klar, als Alkoholikerin schafft man es auch locker ein paar Tage lange ohne Stoff und das merkt auch niemand.
Die Geschichte als solches super schlecht. Von der Logik, dem Strang und der Fantasie.
Man hatte mehr den Eindruck, dass der Drehbuchschreiber gerade einen zuviel getrunken hatte und noch irgendwas gelangweilt hingerotzt hatte.
Reine Geldverschwendung der Gebühren, sorry ARD…
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