Je länger der Film dauert, desto stärker beginnt uns aber zu dämmern, dass im Hause Gombrecht irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht – und das hier der Schlüssel zum mutmaßlichen Verbrechen liegen muss. Es gilt, genau hinzuschauen und zwischen den Zeilen zu lesen.
Da ist die Theaterregisseurin Judith Gombrecht
(Julia Riedler), die Tochter der Verschwundenen, die sich hartnäckig weigert, an ein Verbrechen zu glauben. Da ist ihre schwangere Schwester Kristina
(Odine Johne,
Das perfekte Verbrechen) die sich benachteiligt fühlt und sich schon nach der ersten Filmbegegnung mit Judith überwirft. Und da ist der leukämiekranke Ehemann der Vermissten, Berufsschullehrer Ulrich Gombrecht
(Uwe Preuss, spielte in
Nemesis und
Das Nest den Vater der Dresdner Tatort-Kommissarin Leonie Winkler), der einen Termin in der Onkologie heimlich sausen lässt. Was läuft hier?
Ist die Katze erst einmal aus dem Sack, nimmt
Finsternis dramatisch an Fahrt auf – und gipfelt in einem überragenden Schlussdrittel, in dem vor allem der Episodenhauptdarsteller Uwe Preuss zu ganz großer Form aufläuft. Über die Tatsache, dass die ARD den Oster-Tatort 2022 sechs Tage vor der TV-Premiere eines neuen
Rostocker Polizeirufs terminiert, in dem Preuss bekanntlich Hauptkommissar Henning Röder mimt, mag man sich aber einmal mehr nur wundern – hier wäre mehr Weitsicht bei der Programmplanung sehr wünschenswert gewesen.
Dem Tatort ist das allerdings nicht vorzuwerfen und am hohen Unterhaltungswert ändert die unglückliche Programmierung wenig: Gerade die auffallend nüchterne, zurückhaltende Inszenierung, die in der ersten Krimihälfte so auf die Spannung drückt, entpuppt sich als große Stärke des Films. Plötzlich wird klar, dass das Ganze Methode hat, um uns in trügerischer Sicherheit zu wiegen. Man hätte das alles schließlich von Beginn an viel reißerischer erzählen können, doch hätte die Geschichte dann nur halb so gut funktioniert. So wird uns in dem cleveren, vom HR-Sinfonieorchester gewohnt grandios begleiteten Verwirrspiel genüsslich der Boden unter den Füßen weggezogen.
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